Rezension

Grandioser Anfang der sich leider nicht bis zum Ende durchzieht

Washington Black - Esi Edugyan

Washington Black
von Esi Edugyan

Bewertet mit 3.5 Sternen

Altersempfehlung: Ab 16 Jahre
Shortlisted für den Booker Prize 2018 und angebliches Lieblingsbuch von Barack Obama

Worum es geht: 

Barbados 1830: George Washington "Wash" Black ist ein Plantagenkind der sein ganzes bisheriges Leben als Sklave verbracht hat. Behütet vor dem schlimmsten von Big Kit lautet der gemeinsame Plan "Selbstmord". Nur so können sie Freiheit erlangen, scheint es. Alles ändert sich als Titch, der kleine Bruder des Masters, erscheint und Wash in  seine Dienste stellt. Titch baut einen Wolkenkutter und will Wash als Assistenten. Je mehr Wash lernt, desto mehr wird Titch's Traum auch sein eigener. Und auf einmal sieht Freiheit anders aus als erwartet. Die Geschichte eines ungleichen Paares und einer abenteuerlichen Reise um die Welt.

"Freiheit, Wash, ist ein Wort, das für verschiedene Menschen verschiedene Bedeutungen hat" sagte er, als wüsste ich dies nicht viel besser als er."

Triggerwarnung: Suizid, Depression, Vergewaltigung ( angedeutet ), Leichenschändung 

Meine Meinung: 

Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte mal ein Buch mit Altersempfehlung gelesen haben soll. Kenn ich nur bei den Kinderbücher. Dies ist alles andere und bereits nach ein paar Kapitel wird klar warum. Esi Edugyan zögert nicht dem Leser explizit von Gewalt, Suizid und Verstümmelungen zu erzählen. Mehr als einmal war ich zu angeekelt zum weiterlesen. Und doch kann man nicht aufhören. 

"Auch die Neger sind Gottes Geschöpfe, ihnen stehen dieselben Rechte und Freiheiten zu wie allen anderen. Die Sklaverei ist ein moralischer Schandfleck, der uns alle besudelt. Wenn es eines gibt, das dem weissen Mann den Zutritt zum Himmel verwehren wird, dann das hier." 

Umso kontrastreicher fügt Edugyan Elemente eines Abenteuerromans ein, die an einen Jules Verne erinnern. Eingeteilt in 4 Teile, war es vor allem der Anfang der zu überzeugen wusste. Die Schilderungen des Lebens auf Barbados ziehen den Leser in den Bann. Das Schicksal des elfjährige Sklave, der zum Assistenten erkoren wird, kann einen nicht kalt lassen. Doch diese neu erlangte Freiheit ist immer mit Misstrauen zu begegnen. Und bis zum Ende leidet Wash an der Last und Schuld die er empfindet durch den Erhalt seiner persönlichen Freiheit, statt all der anderen Sklaven. Sein Hadern mit einer Welt in der er zwar alles machen könnte, aber doch nirgends dazu gehört. Harte Fakten in einem Roman der sich anfühlt wie ein Märchen. 

„Ich war, wenn auch nur schrittweise, im Verlauf der letzten Monate mit Titch zu dem Glauben gekommen, ich könne alles Elend hinter mir lassen, all die Gewalt abschütteln und einem grausamen Tod davonlaufen. Ich hatte sogar angefangen zu denken, ich sei zu höherem bestimmt, dazu, die Wunder dieser Erde zu zeichnen und Dinge zu erfinden; ich hatte mir vorgestellt, dass meine Existenz einen echten und rechtmäßigen Teil der natürlichen Ordnung darstellt. Wie falsch ich doch gelegen hatte. Ich war ein schwarzer Junge, mehr nicht - vor mir lag keine Zukunft und hinter mir nur wenig Gunst und Gnade. Ich war ein Nichts, ich würde als ein Nichts sterben, innerhalb kürzester Zeit würde man mich einfangen und massakrieren.“

Ich weiss nicht ob es an meinem einen Tag Lesepause lag, oder eine andere Begebenheit im Buch die ich hier nicht spoilern will, aber nach Teil 2 war bei mir teilweise die Luft raus. 
Leider habe ich diese Kritik bei ein paar anderen Lesern ebenfalls gehört. Ich wusste daraufhin auch nicht wirklich worauf alles hinaus laufen sollte, und was ich mir jetzt eigentlich noch erwartete. Die grosse Stärke des Buches lag für mich in den Beschreibungen der Skalverei. Diese werden nach dem ersten Teil allerdings auf der Prioritätenlisten nach hinten verdrängt. Wash's Reise in die Arktis, London oder Marrokko nehmen den grössten Teil des Buches ein. Vor allem gegen Ende wurde es mir leider zu bequem, denn egal wohin er reist, egal wen er sucht, die Länder und Orte sind alle so klein, dass jeder auffindbar ist. Schmerzlos wird jeder Strang zusammengeführt und aufgeklärt. 
Dennoch ist Washington Black definitiv die Reise wert!  

„Wie ist das, Kit? Frei sein?"
Ich merkte, wie sie sich auf dem Erdboden bewegte, bevor sie mich an sich zog, ihr Atem heiss an meinem Ohr.
"Oh Kind, das ist wie nichts in dieser Welt. Wenn du frei, due kansst machen, was du willst."
"Und immer hingehen, wo du willst?" 
"Und immer hingehen, wo du willst."