Rezension

Grandioser Start. leider schwächer werdend

Die störrische Braut - Anne Tyler, Anne Tyler

Die störrische Braut
von Anne Tyler Anne Tyler

Bewertet mit 3.5 Sternen

INHALT:
Kate Battista ist frustriert. Wie kommt es eigentlich, dass sie ihrem exzentrischen Vater brav den Haushalt führt und sich um ihre jüngere Schwester Bunny kümmert, die nur Flausen im Kopf hat? Auch in ihrem Kindergartenjob gibt es immer nur Ärger. Professor Battista hat andere Sorgen. Seit Jahrzehnten widmet er sich beharrlich seiner Forschungsarbeit, nun steht er kurz vor dem Durchbruch. Wenn, ja wenn sein brillanter Assistent Pjotr nicht des Landes verwiesen wird. Die Aufenthaltsgenehmigung des Weißrussen läuft bald ab. Als Professor Battista einen Plan ausheckt, um Pjotr in Amerika zu halten, verlässt er sich wie immer auf seine ältere Tochter. Doch Kate sieht rot – und Pjotrs tollpatschiges Werben um ihre Gunst macht die Sache erst einmal auch nicht besser.

COVER:
Das Cover ist ähnlich konzipiert, wie die Vorgängerbände. Eine Grundfarbe, in dem Fall Türkis und in der Mitte ein Objekt, in dem Fall eine Blume. Mittig darauf gesetzt der Titel. So sehen zwar alle Romane anders aus und passen aber doch zusammen als Reihe. Ich finde das Cover sehr frisch und muss dabei an Frühling denken.

MEINUNG:
Die störrische Braut ist der dritte Roman, der im Rahmen des Hogarth Shakespeare Projekt im Knaus Verlag (Teil der Randomhouse Verlagsgruppe) erschienen ist. Das Projekt umfasst acht Neu-Interpretationen von Shakespeares berühmtes Werken,  geschrieben von acht internationalen Top-Autoren. In diesem Jahr sind bereits drei Romane erschienen: Howard Jacobson – Shylock (basierend auf Der Kaufmann von Venedig), Jeanette Winterson – Der weite Raum der Zeit (basierend auf Das Wintermärchen) und eben Anne Tyler – Die störrische Braut (basierend auf Die widerspenstige Zähmung).  Der weite Raum der Zeit habe ich bereits dieses Jahr gelesen und fand es großartig ausgearbeitet. Leider konnte mich Die störrische Braut nicht ganz so von sich begeistern.
Auch wenn es sich um zwei gänzlich verschiedene Geschichten von Shakespeare handelt, geschrieben ebenfalls von sehr verschiedenen Autorinnen, komme ich nicht umhin doch ein wenig  zu vergleichen. Das betrifft vor allem den Aufbau der beiden Romane. Bei Der weite Raum der Zeit hat mir sehr gut gefallen, dass zu Beginn des Romans das Shakespearesche Original kurz zusammengefasst worden ist. So kannte man die Geschichte und konnte mögliche Parallelen und Unterschiede zum Original feststellen. Jeannette Winterson hat auch noch mal ein Epilog verfasst, in dem sie ihre Umsetzung mit derer von Shakespeare reflektiert. Leider fehlte dies in Die störrische Braut und ich hätte es schön gefunden, wenn vor allem die Zusammenfassung am Anfang vorhanden gewesen wäre. Nach einiger Internetrecherche habe ich festgestellt, dass die Handlung von Anne Tyler schon eine ganze Ecke vom Original abweicht. Das bewerte ich aber nicht negativ, da es sich hier um Neu-Interpretationen handelt und keine Nacherzählungen. Dies räumt den Autoren und Autorinnen natürlich einen gewissen künstlerischen Spielraum ein.
Die störrische Braut konnte mich auf den ersten 50 Seiten sehr schnell für sich einnehmen. Was vor allem an der trockenen Art von Kate liegt, die mich sehr amüsiert und zum Schmunzeln animiert hat. Der Roman lebt von seinen Charakteren, die alle sehr eigenwillig und gleichzeitig aber auch sehr liebenswert sind. Kate und ihre kleine Schwester Bunny mochte ich besonders gerne, denn beide zeichnen sich durch ihre trockene, dadurch auch manchmal wenig einfühlsame Art aus, was natürlich auch zu Konflikten zwischen den beiden führt. Kate habe ich ehrlich gesagt auch nicht beneidet, denn sie schmeißt den ganzen Haushalt und ist quasi die Ersatzmutter für die 15-jährige Bunny. Ihre gemeinsame Mutter ist gestorben als Bunny ein Jahr alt war. Dr. Battista, der Vater der beiden, ist verkappter Wissenschaftler, der nur für seine Forschung lebt. Das merkt man besonders gut an seinem Vorhaben, Pjotr mit Kate zu verheiraten, damit er ihm als Assistenten erhalten bleibt. Hier war ich etwas zwiegespalten. Einerseits fand ich in seiner Verschrobenheit liebenswert, aber andererseits fand ich es auch sehr egoistisch von ihm Kate so etwas aufzubürden und ihr nicht die Möglichkeit zu geben ihr eigenes Leben zu leben.
Insgesamt fand ich die Handlung und deren Entwicklung etwas schwach. Es fehlte auch an einer gewissen Spannung, denn es war ja von vornherein klar, dass Kate einwilligen wird. Für meinen Geschmack hätte sie sich auch gut und gerne noch etwas mehr wehren können. Selbst ihre Schwester hat einen größeren Aufstand über die Tatsache gemacht, dass ihre große Schwester quasi zwangsverheiratet werden soll.
Auf den wenigen Seiten sind mir die Momente der Anbandlung zwischen Kate und Pjotr auch zu wenig gewesen. Mir fehlte hier die Tiefe, was wohl daran liegt, das Kate sich erst auf der Hälfte des Romans entscheidet dieses „Arrangement“ ihrem Vater zu Liebe einzugehen. Dabei hatte die Annäherung zwischen den beiden durchaus Potential sehr unterhaltsam zu sein können, wenn sie mehr Zeit gehabt hätten bzw. der Roman Seiten. Beide sind so voller Eigenarten, dass die Kommunikation oft ungewollte komisch gewesen ist. Davon hätte ich gerne mehr gehabt.

FAZIT:
Die Geschichte lebt von der Eigenwilligkeit ihrer Charaktere, was sie einerseits sehr liebenswert und unterhaltsam macht, aber andererseits einer relativ kurzen und für damit schwachen Handlung gegenüber steht. Die Charaktere haben ein enormes Potential geboten, welches aber leider nicht völlig ausgeschöpft worden ist, was ich wirklich schade fand nach dem so tollen Beginn des Romans. Dennoch lädt die ganze Reihe dazu ein sowohl Shakespeares Werke als auch den Schreibstil der verschiedenen Autoren und Autorinnen kennenzulernen, was ich nur jedem ans Herz legen kann!
Ich vergebe 3 von 5 Sternen.