Rezension

Graphologin zwischen Deutsch-Deutschen Fronten

Die Diplomatenallee -

Die Diplomatenallee
von Annette Wieners

Die Diplomatenallee entführt uns ins Bonn der 1970er: das geteilte Deutschland kommt sich mit einem Mal nah wie nie zuvor, als die Ständige Vertretung der DDR in der BRD-Hauptstadt Bonn eingerichtet wird. Doch der unsichtbare Graben ist tief, Ost und West spionieren und intrigieren gegeneinander und Heike Holländer, ehemalige Überflieger-Graphologiestudentin, gerät zwischen die Fronten.

Heikes Kindheit wurde durch die Gewaltausbrüche ihres Vaters geprägt, ihre Jugend durch die (teils angeblich wohlgemeinten) Manipulationen eines Professors. Und während der Druck von außen auf sie steigt, gerät auch das gewöhnlich harmonische Zusammenleben mit ihrem Ehemann Peter aus den Fugen.

Der Schreibstil ist ungewöhnlich, was ich als angenehm zu lesen empfand. Allerdings kann ich mir auch vorstellen, dass er manch einem Leser nicht liegt – aber dafür gibt es schließlich Leseproben.

Der Anfang der Geschichte ist stark, die Graphologie faszinierend und über die Handlung hinweg wird ein Netz aus Paranoia gesponnen, bei dem man als Leser ebenso wie Heike rätselt, wer auf welcher Seite steht – BND? Stasi? – und welche Aussagen glaubwürdig sind.

Allerdings litt die Spannung meines Erachtens durch die Perspektivwechsel zu Peter, als eine von Natur aus passive Person ist sein Blickpunkt nicht so interessant zu lesen wie Heikes, sie stellt ihn schlichtweg in den Schatten.

Mehr noch hadere ich mit dem Ende der Geschichte, ich empfand es als enttäuschend, unpassend und verwirrend, manche der kleineren Handlungsstränge scheinen einfach ohne jede Auflösung verschwunden zu sein.

Alles in allem eine behutsame Leseempfehlung an jene Leser, die vorrangig Interesse an einem gut recherchierten Roman über ein Kapitel selten beschriebener Zeit Deutsch-Deutscher Geschichte haben.