Rezension

Grausame Geschichte lebendig erzählt

Hannah und ihre Brüder - Ronald H. Balson

Hannah und ihre Brüder
von Ronald H. Balson

Bewertet mit 4 Sternen

Auch wenn in der Rahmenhandlung nicht alles immer so nachvollziehbar für mich war und Teile davon in meinen Augen nicht nötig gewesen wären, so ist die Hauptgeschichte in “Hannah und ihre Brüder” so eindringlich erzählt, dass sie kleinere Mängel aufwiegt.

Aus sicherlich ergiebiger Recherche und historischer Genauigkeit entwickelt Ronald H. Balson den Charakter Benjamin Solomon. Ihn verfolgt seine Geschichte, seine Vergangenheit als rund 90-Jähriger immer noch. Denn er ist Pole und Jude und große Teile seiner Jugend fielen in die Zeit, als die Nationalsozialisten unter Hitler Polen überfielen und ihre tödliche Maschinerie so richtig in Gang setzen.

Doch nicht nur die Geschehnisse, auch eine bestimmte Person geht Ben nicht mehr aus dem Kopf, obwohl er mittlerweile in Chicago ein gutes Leben führt. Er vertraut sich Catherine Lockhart an, einer Anwältin, denn er möchte auch nach 70 Jahren noch Gerechtigkeit erfahren, stellvertretend für Millionen seine Leidensgenossen.

So schockierend und unbegreiflich uns die Gräueltaten der Nazis heute erscheinen, noch viel unmittelbarer und schrecklicher ist es, sie aus der Perspektive eines Einzelnen zu hören, eine Familie durch die schlimmsten Jahre zu begleiten. Und auch wenn dieser Roman selbst fiktiv ist, die einzelnen Elemente, Episoden und Zeitdokumente sind es nicht.

Dies sollten wir uns immer vor Augen halten. “Hannah und ihre Brüder” ist ein sehr berührender, aufwühlender Roman der durch seinen Detailreichtum auch ein bisschen etwas von moderner Geschichtsstunde hat.