Rezension

Grenzerfahrung

Schlechter tanzen - Paul Beatty

Schlechter tanzen
von Paul Beatty

Bewertet mit 3 Sternen

Paul Beatty ist ein gefeierter Autor, der erste Amerikaner, der den Man-Booker-Preis erhalten hat. Und er entstammt der Slam-Poetry-Szene. Grund genug, um eigene Lesegrenzen zu überschreiten, dachte ich mir. Außerdem interessierte mich das Thema wirklich: ein schwarzer Jugendlicher, aufgewachsen ohne nennenswerte Rassenprobleme in einem schicken Küstenort, zieht in einen Ghettovorort von LA und muss sich dort durchsetzen ohne die Regeln zu kennen.
Es passiert, was passieren muss, er kriegt auf die Fresse. Mehrfach. Entschuldigung, wenn ich das so deutlich schreibe, aber Paul Beatty ist noch deutlicher und detailreicher. "Zum Brüllen komisch"steht auf der Buchrückseite. Mir fehlte der Humor, mir fehlte das Verständnis, ich bin schlicht gescheitert. Ich habe den Roman komplett gelesen, aber bin nur in die oberen Schichten gedrungen. Habe nicht wirklich verstanden, was ernst gemeint ist, was Klischeebeschreibung, wo übertrieben wird und wo nicht.
Bei Sherman Alexie zB, der ja ähnliche Bücher über Indianerreservate geschrieben hat, hatte ich das Problem so nicht. Deshalb habe ich auch nicht damit gerechnet. Ich hatte beim Lesen das ständige Gefühl, draußen vor der Tür zu stehen, während drinnen die Party abgeht.
Gunnar geht seinen Weg, Basketball wird sein Türöffner, er wird sogar eine Art Gangmaskottchen und schafft den Spagat zwischen Hochschulbildung und Ghettobindung.  Glücklich wird er trotzdem nicht, scheint aber auch gar nicht sein Ziel zu sein.
Die Schnitte sind schnell, der Beat ist hörbar, die Sprache temporeich. Und es hat mich geärgert, dass ich so überfordert war, den Einstieg nicht geschafft habe. Das war keine andere Welt, das ist ein anderer Planet, so weit weg von meiner eigenen Lebenserfahrung, dass ich zwar ständig "oh mein Gott" denken konnte, aber den Humor hinter der Gewalt nicht zu würdigen vermochte. Nun ist es nicht so, dass hier ständig Blut spritzt und die Knochen splittern, aber unterschwellig ist die Gewalt ständig zu spüren. Und zwischendurch gibt es Eskalationen.
Es ist gut und wichtig, dass solche Romane geschrieben werden, dass viele Menschen von den Zuständen erfahren und von der Kraft und auch oft Würde derjenigen, die dort leben müssen und von dem Irrsinn, dem sie ausgesetzt sind.
Paul Beatty ist ein Kultautor, der offenbar einen Nerv trifft bei seinen Lesern. Bei mir leider nicht, aber das dürfte zu verschmerzen sein.