Rezension

Grenzterror

Grenzterror - Thomas Stein

Grenzterror
von Thomas Stein

In dem Buch Grenzterror findet sich folgendes von Dr. Martin Luther:

„Ich will also meinen treuen Rat geben:

1., dass man ihre Synagogen und Schulen mit Feuer anstecke und was nicht verbrennen will mit Erde überhäufe und beschütte.

2., dass man auch ihre Häuser desgleichen zerbreche und zerstöre. Denn sie treiben eben dasselbe drinnen, was sie in ihren Schulen treiben. Dafür mag man sie etwa unter ein Dach oder Stall tun, wie die Zigeuner.

3., dass man ihnen nehme alle Betbüchlein und Talmudien, darin Abgötterei, Lügen, Fluch und Lästerung gelehrt wird.

4., dass man ihren Rabbinern bei Leib und Leben verbiete hinfort zu lehren.

5., dass man den Juden das Geleit und Straße ganz und gar verbiete. Denn sie haben im Lande nichts zu schaffen. Sie sollen daheim bleiben. Jawohl, zu Frankfurt am Main sind sehr viele Juden, haben eine Gasse inne, da stecken alle Häuser voll. Müssen gelbe Ringlein an Mänteln und Kleidern vorn tragen, damit man sie erkennt. Haben weder Häuser noch Äcker die ihr eigen sind.

6., dass man ihnen den Wucher verbiete und nehme ihnen all ihre Barschaft an Silber und Gold. Alles was sie haben, haben sie uns gestohlen und geraubt.

7., dass man den jungen und starken Juden gebe Flegel, Axt, Spaten, Rocken, Spindel und lasse sie ihr Brot verdienen im Schweiße ihrer Nasen, wie es Adams Kindern auferlegt ist. Schande über euch, pfui euch ihr verdammten Juden. Nein, ihr seid es nicht wert, dass ihr die Bibel von außen ansehen, geschweige denn, dass ihr darin lesen sollt.“

Nun schrieb mir kürzlich einer, ich hätte den Luther zu einseitig dargestellt. Mag sein, mag nicht sein? Aber was er geschrieben hat, das hat er nun mal geschrieben. Und wenn die Steglitzer an ihrer Treitschke Straße unbedingt festhalten wollen, weil der ja ein ordentlicher „Historiker“ war, dann schreibe ich denen zur Information, die es noch nicht wussten:

„In Berlin Steglitz gibt es sogar noch die Heinrich von Treitschke Straße. Eine Umbenennung in Kurt Scharf Straße wollten die Steglitzer nicht. Treitschke war Sohn eines Generalleutnants und Geschichtsprofessor. Als Abgeordneter entfachte er am 15.11.1879 den Berliner Antisemitismusstreit. 

Kommentare

bulbuster kommentierte am 20. Mai 2024 um 17:17

Abends war an den Fenstern manchmal richtig was los. Man durfte sich aber nicht erwischen lassen. Das endet sonst mit einer gehörigen Tracht Prügel und danach im Arrest. Die prügeln dich die Treppen runter, bis in den Keller! Ohrenzeuge einer solchen Prügelorgie wurde ich am Sonntagabend. Das Licht war schon ausgeschaltet, als vom Hof her ein richtig wohl klingender Gesang ertönte. Nach der Melodie House of the Rising Sun, von The Animals, sang ein Gefangener das Lied von der Keibelstreet: „Es steht ein Haus in Ost-Berlin, ein Haus weit ab vom Recht. Dort sitzen wir gefangen, ein freier Fan als Knecht. Wir trugen lange Haare, wir liebten Pop und Beat. Nun sitzen wir gefangen, im Haus an der Keibelstreet.“ Nach der dritten Strophe ging der Tanz los. Lauf-Schritte auf dem Gang schließen, Riegelkrachen. Das Klatschen von Gummiknüppeln und Schreie. Und dann hämmerten alle mit ihren Kannen, Bechern und Tassen an die Türen, manche traten wohl auch dagegen. Ein ungeheurer Lärm brach los und auch ich schlug einige Male mit der Kanne gegen die Tür. Nun wusste ich, warum die Blechkanne so verbeult war. Auf dem Gang wurde „Ruhe“ gebrüllt und genauso schnell, wie der Aufstand begonnen hatte, war er wieder beendet. Keiner wollte dem Liedsänger in den Arrest folgen. So ein Rollkommando konnte einen grün und blau schlagen, erzählte mir Peter und unten im Keller ginge es dann erst richtig los. Eine willkommene Abwechslung des Tages bestand aus der Freistunde. Einem U-Häftling stand laut Hausordnung eine Freistunde zu. Diese fand in der UHA Keibelstraße auf dem Dach statt. Das Dach war eigens für diesen Zweck hergerichtet. Eine Flucht über das Dach schien mir allerdings unmöglich. Die Freistunde lief jeden Tag auf gleiche Art und Weise ab. Zuerst wurde an die Tür geschlagen und das Ereignis mit den Worten: Fertig machen zur Freistunde, angekündigt. Man musste seine Jacke anziehen und unter dem Fenster Aufstellung nehmen. Dann hieß es: Raustreten, und alle stellten sich auf dem Gang auf. Die Gefangenen durften ihre Zellentüren selbst schließen und verriegeln was manchmal sehr laut vonstattenging. Irgendein Schließer brüllte dann: Wenn das nicht leiser geht, fällt die Freistunde aus! Wir mussten uns mit dem Gesicht zur Wand neben der Zelle aufstellen. Natürlich wurden die Zellen dann von einem SV Angehörigen richtig verschlossen. Rechts oder links um, und die Karawane setzte sich im Gänsemarsch in Bewegung. Natürlich wurde das Sprechverbot immer wieder übertreten, wenn man sich unbeobachtet fühlte, meistens auf der Treppe. Die Freistunde wurde zum Informationsaustausch und zum Übergeben von Gegenständen, meistens Tabak genutzt. Die Freistunde selbst war dann doch eher langweilig. Zehn Minuten lief man links herum, eine Zellenbelegschaft  hinter der anderen mit einer Armlänge Abstand. Zwischendurch lief auch mal einer allein. Dann hieß es: Alles kehrt, und es ging rechts herum. Ab und zu gab es Anweisungen der aufsichtführenden Schließer die sich bei jeder Freistunde in Variationen wiederholten. Abstand halten! Nicht auflaufen! Ruhe! Noch ein Wort und du kannst einlaufen! Lauft nicht auf wie die Schwulen! Du kannst deinem Vordermann ja schon am Arsch riechen, und dergleichen mehr. Trotzdem blieb die Freistunde immer der Höhepunkt des Tages und die Freude darauf war groß. Wären die gelben Sichtschutzwände aus Plastik nicht gewesen, hätte man wohl die Fenster des Interhotels Stadt Berlin sehen können, die Gäste von dort uns aber auch, und das war bestimmt nicht gewollt.

https://youtu.be/ZfV69yqIJ6A?si=209wwdzAkqHrz16X