Rezension

Großartig

Der Auserwählte - Hermann Knapp

Der Auserwählte
von Hermann Knapp

Bei der Geburt von Konrad Sammer schlägt ein Blitz in das Haus ein und trifft das Baby am Po. Seine Eltern erwarten daraufhin Außerordentliches von ihm, doch Konrad wird Journalist und lebt ein unauffälliges Leben. Bis er mit 52 Jahren plötzlich eine Stimme in seinem Kopf hört, die ihn zu ihrem Propheten beruft. Ist es Gott? Konrad glaubt nicht wirklich an ihn, doch merkwürdige Dinge passieren in seinem Umfeld: Ein Mann verwandelt sich in einen Baum, im Urwald erscheint unvermittelt eine Hütte und versorgt die Halbverhungerten mit Nahrung - und der eher bindungsunfähige Konrad lernt seine Traumfrau kennen. Und plötzlich sieht sich Konrad Sammer als möglicher Retter der Welt in einem Kampf gegen Raubtierkapitalismus, Gier und unmenschliche Ausbeutung der Schwachen und wird zur Zielscheibe skrupelloser Gegner....

Dem Österreichischen Journalist und Autor Hermann Knapp ist ein außerordentliches Buch gelungen, dass die Elemente eines höchst unterhaltsamen Romans mit Satire, Utopie, Krimi und Sachbuch vermischt. Seine Protagonisten erscheinen dabei wie aus dem Leben gegriffen mit allen uns bekannten Fehlern und Schwächen; die Hauptfigur Sammer ist dabei fast der nette Eigenbrötler von nebenan. Auch der Einfallsreichtum des Autors ist bemerkenswert und die immer wieder neuen Wendungen überraschten mich positiv.

Einige herausgegriffene Probleme dieser Welt (u.a. die Ausbeutung der Näherinnen in Fernost für die Modebranche, der Missbrauch von Frauen, die Millionenablösen und -gagen der Top Fußballer, die Palmölproduktion mit Kinderarbeit, Pestizideinsatz ohne Schutzmaßnahmen usw.) sind gut recherchiert und sehr anschaulich beschrieben - auch verweist der Autor hier auf eine umfangreiche Literaturliste. Trotz einer Betroffenheit fühlt man sich als Leser jedoch nicht durch einen erhobenen Zeigefinger gegängelt, sondern tatsächlich mitgenommen im Geschehen.

Herausragend fand ich die Schilderung und den Umgang mit "der Stimme" und damit den Umgang mit theologischen Fragen, die zum Nachdenken anregen: GIbt es einen Gott und wenn ja, für wen (Christen, Moslems, Buddhisten, Naturvölker)? Wie würde ich damit umgehen, wenn ich eine Stimme hören würde? Könnte ich konsequent eine unglaubliche Meinung vertreten und letztlich mein Leben für eine bessere Welt einsetzen?
Die BEschreibungen und Folgerungen sind in sich immer logisch und nachvollziehbar, und so blieb der Roman trotz seiner mystischen Komponente und der abschließenden Utopie durchaus realistisch..

Hermann Knapps Schreibstil ist - trotz großer Themen - leicht und flüssig und dabei mit einer ordentlichen Portion Humor versetzt, so dass ich oftmals laut lachen musste ob der schrägen Vorkommnisse und Formulierungen.  Dabei gelang es ihm stets, mich so mitzunehmen, dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte.

Der fesselnde Schreibstil zusammen mit dem Fortlauf der Handlung, den Rätseln um Freund und Feind und der spannenden Thematik birgt großes Lesevergnügen. Lesern, die einem gewissen Maß an Sarkasmus nicht abgeneigt sind, kann ich diesen außergewöhnlichen Roman nur wärmstens empfehlen!!! Schon lange hat mich ein Roman nicht mehr so gut unterhalten und gleichzeitig so berührt!

 

Kommentare

wandagreen kommentierte am 04. März 2019 um 22:30

Ich würde zum Psychiater gehen .... denk ich.

SusanK kommentierte am 08. April 2019 um 16:08

Ja, der Gedanke ist naheliegend. Aber wenn die Stimme wirklich da ist, nützt das ja nichts. ;)