Rezension

G*R*O*S*S*A*R*T*I*G

Zwischen Nacht und Dunkel - Stephen King

Zwischen Nacht und Dunkel
von Stephen King

Bewertet mit 5 Sternen

Für mich hat King in den letzten Jahren nicht nur zu seiner Höchstform zurückgefunden - er hat sich schriftstellerisch enorm weiterentwickelt und seiner Erzählkunst noch mehr Tiefe verliehen.
Stellt Stephen King sonst gern GUT und BÖSE deutlich gegenüber, so dass der Leser schnell Stellung bezieht, macht er in "Zwischen Nacht und Dunkel" eine andere Tür auf. Ohne Stellung zu beziehen, schildert er lediglich die Geschehnisse aus einer von vielen möglichen Perspektiven. Der Leser steht vor der alten Frage : Darf ein Mensch Selbstjustiz üben? Wenn ja, wann ist sie gerechtfertigt ?
Durch Kings Erzählweise wird auch das Gegenüber des Protagonisten deutlich erkennbar, so dass einen als Leser tatsächlich manchmal eine leise Ahnung beschleicht, was einen Täter antreibt. Das macht es einerseits leicht, Partei zu ergreifen, läßt aber auch erahnen, warum Opfer so oft schweigen und warum Gerichte immer in dunkler Suppe stapfen, wenn es um Schuldfähigkeit geht.
King läßt offen, ob er ein Befürworter der Todesstrafe ist oder nicht. Es ist auch nicht wirklich wichtig, weil man hier als Leser seine eigene Vostellung von Ethik und Moral entwickeln muß. Immer wieder neu.
Es ist kein übernatürlicher Horror, den King hier beschreibt. Es ist ganz alltäglicher. Und was soll ich sagen - es gibt eigentlich nichts , das gruseliger wäre als die Tiefen der menschlichen Seele.
Dieser King ist phantastisch. Ich würde zehn Sterne vergeben, wenn es ginge.