Rezension

großartige Biographie einer jungen Frau, die während des Genozids ums Überleben kämpft

Das Mädchen mit dem roten Zopf -

Das Mädchen mit dem roten Zopf
von Nechama Birnbaum

Bewertet mit 5 Sternen

Meinung: Puh, dieses Buch hat mich wirklich sehr ergriffen und erschüttert. Obwohl man viele Romane aus dieser düsteren Zeitepoche schon gelesen, Augenzeugenberichte gelesen und angeschaut hat, so hat mich dieses Buch nochmal auf eine ganz spezielle Weise gepackt und mich etliche Tränen gekostet. Sowohl die Geschichte selbst als auch das persönliche Nachwort von Rosies Enkelin haben mich einerseits zutiefst beschämt und zugleich motiviert, diese mahnenden Worte immer vor Augen zu haben.
„Denn obwohl es Elend, Schmerz und Trauer gibt, gibt es auch Schönheit, Glück und Liebe. Wir können das Böse nicht immer verhindern, aber wir dürfen auch nicht zulassen, dass es das Gute überschattet“. (Buchzitat).
Aus der Sicht von Rosie wird ihre ganz persönliche Geschichte erzählt, abwechselnd zwischen dem früheren ahnungslosen, unbedarften Leben in ihrem Heimatdorf, über ihre Liebe zur Musik, zum Tanzen, zu ihrer Familie, mit der sie so eng verbunden ist, obwohl es auch hier einige traurige Momente gibt, bis zu jenem schrecklichen Tag, als die Juden in Viehwaggons eingepfercht in die Konzentrationslager deportiert wurden.
Es hat mich innerlich zerrissen, über all die Gräuel, den Spott, die Demütigungen und gleichzeitig den Hunger, die Kälte, die Ohnmacht und Hilflosigkeit zu lesen und gleichzeitig diesen ungebrochenen Mut zu spüren mit dem Ziel, nicht aufzugeben und nach Hause zu kommen.
Von Auschwitz, über Bergen-Belsen nach Theresienstadt inklusive dem furchtbaren Todesmarsch, vor Hunger halluzinierend und geschwächt, in einem fast schon leblosen Körper ist so eindringlich, schonungslos, herzzerreißend und schockierend erzählt, als würde man direkt im Geschehen sein.
Ich hatte Gänsehaut, mir sind die Tränen gelaufen und gleichzeitig war ich über so viel Unmenschlichkeit so wütend und entsetzt.
Dennoch gab es Momente, die mich sehr berührt haben, die trotz aller Schrecklichkeit diese speziellen Lichtblicke und fröhlichen Momente brachten, als Trost, Kraftquelle und ich finde es schön, wie auch der Glaube ungebrochen war. Jedes Kapitel wird mit einem besonderen passenden Psalm eingeführt, der zeigt, so groß die Frage nach dem Warum ist, so stark war aber auch der Mut zu überleben. R Rosie ist für mich eine starke junge Frau gewesen, die nicht nur für sich, sondern für alle gekämpft hat, ideenreich, entschlossen und tapfer.
Der Schreibstil der Autorin ist großartig, angenehm zu lesen. Mit viel Gefühl und sehr bildhafter Ausdrucksweise nimmt sie einen auf eine Erinnerungsreise, die unter die Haut geht und unvergesslich bleiben wird. Ich habe mir viel markiert, weil es so speziell beschrieben ist.
Auch die Sprecherin hat eine Wahnsinnleistung vollbracht. Einerseits das fröhliche, beschwingte Leben von früher als 11-jährige heranwachsende Rosie zu präsentieren und dann das Leben im Lager zu umschreiben, mit all den Emotionen der Deportierten, der Kaltblütigkeit und Schadenfreude der SS-Leute, den Eindrücken und Abläufen – ganz stark gemacht mit viel Gänsehautfeeling.
Fazit: Dieser Roman ist für mich ein besonderes Jahreshighlight, eine mitreißende, Mut machende Biographie, und führt gleichzeitig vor Augen, dass wir alle Teil eines Ganzen sind und es selbst in der Hand haben, wer wir sein möchten, zu was wir uns gebrauchen lassen und ob wir aus der Geschichte lernen. Jeder Mensch ist wie eine besondere Blume in Gottes geliebtem, buntem Garten – nur gemeinsam können wir in unserer Vielfalt blühen und so zu einer großartigen Farbpracht zusammenwachsen.
„Alles können sie dir wegnehmen, nur nicht das, was du im Kopf hast." (Buchzitat)