Rezension

Große Liebe für dieses kleine Juwel

Unser Buch der seltsamen Dinge -

Unser Buch der seltsamen Dinge
von Jennie Godfrey

Bewertet mit 5 Sternen

Yorkshire in den Siebzigern, ehemals von Textilindustrie und Bergbau geprägt, nun im Niedergang. Die Zeichen stehen auf Sturm, hat die neugewählte „Eiserne Lady“ doch ihre eigenen Pläne mit dieser Region. Und dann ist da noch der Yorkshire Ripper, der dort sein Unwesen treibt.

Die Verunsicherung der Menschen ist groß, weshalb Mivs Tante Jean auch vorschlägt, einen Umzug in den Süden des Landes in Erwägung zu ziehen. Ein Vorhaben, das es zu verhindern gilt, zumindest wenn es nach der zwölfjährigen Miv geht, die ihre gewohnte Umgebung unter keinen Umständen verlassen will. Auch, oder gerade, weil in ihrer Familie nicht alles rund läuft. Ihre Mutter ist verstummt und hat sich in sich selbst zurückgezogen, weshalb die Tante eingezogen ist und sich um Miv, ihren Vater und den Haushalt kümmert.

Also schmiedet Miv einen Plan. Da die Polizei mit der Suche nach dem Yorkshire Ripper offensichtlich überfordert ist, beschließt sie, diesen auf eigene Faust ausfindig zu machen. Unterstützt wird sie dabei von ihrer Freundin Sharon. Die beiden Mädchen beobachten also Männer aus ihrem Umfeld, die ins Profil passen und deren Verhalten ihnen verdächtig vorkommt, und die Ergebnisse ihrer Observationen halten sie akkurat in einem Schreibheft fest, ihrem „ Buch der seltsamen Dinge“.

Auch wenn sie es, wie wir aus der Historie wissen, nicht geschafft haben, den Yorkshire Ripper zu entlarven, ist es doch den aufmerksamen Beobachtungen der beiden Mädchen zu verdanken, dass einige unschöne Vorkommnisse in der Gemeinde ans Licht kommen.

Randnotiz: Peter Sutcliffe aka der Yorkshire Ripper wurde 1981 bei einer Routinekontrolle gefasst. Noch im gleichen Jahr wurde er vor Gericht gestellt und zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt.

„Unser Buch der seltsamen Dinge“ ist eine einfühlsame Geschichte über die Freundschaft zweier Mädchen an der Schwelle zum Erwachsenwerden, die überwiegend aus der Perspektive der zwölfjährigen Miv beschrieben wird. Jennie Godfrey kratzt nicht an der Oberfläche, sondern nimmt uns mit in deren Inneres, zeigt uns die vorpubertären Zweifel und die Ängste, die sie, teilweise bedingt durch ihre besondere familiäre Situation, plagen. Aber sie lässt uns auch an der Neugierde und der Euphorie der beiden Mädchen teilhaben, wenn sich eine neue Spur auftut. Das wirkt glaubhaft, nicht aufgesetzt, und befeuert unterschwellig die Spannung, auch wenn man den Ausgang der Ripper-Story kennt.

Sehr gut geplottet, durchgängig spannend und zu keinem Zeitpunkt langweilig. Große Liebe für dieses kleine Juwel von Jennie Godfrey!