Rezension

Großer Meister der kleinen Andeutung

Der Elefant verschwindet
von Haruki Murakami

Bewertet mit 3.5 Sternen

~~Eher unauffällig und nahezu austauschbar sind die Kulissen, in denen Murakami seine Geschichten platziert. In fast jeder Großstadt könnten sie stattfinden und dass er als Japaner sie in Japan ansiedelt, könnte man fast überlesen. Und genau darum geht es auch. Die Welt, in der sich Murakamis Figuren bewegen ist starr und zwingt ihren Bewohnern ein eher eintöniges Leben auf, lässt sie sich wie Aufziehvögel fühlen. Kein Wunder, dass sie gegen die diktierte Langeweile aufbegehren. Der eine etwas heftiger, der andere eher in introvertierter Form. Die vorliegende Kurzgeschichten-Sammlung liefert völlig unterschiedliche Beispiele solchen Aufbegehrens:
Mal reagieren die Figuren heftig (mit einem Überfall auf ein Fastfood-Restaurant in 'Der Bäckereiüberfall' oder als Brandstifter in der Erzählung 'Scheunenabbrennen'), mal völlig introvertiert (in 'Schlaf').
Doch so umwerfend die Veränderungen auch sein mögen, selbst wenn Murakami einen kompletten Elefanten verschwinden lässt, am Ende bleibt dann doch alles wie es war.
Bei alledem kommt Murakamis Sprache angenehm unaufdringlich daher. Mit präzisen Worten, denen man leicht folgen kann, schafft er atmosphärisch stimmige Bilder, die er selbst mit oft nur kleinen Andeutungen unterwandert. So verleiht er scheinbar Alltäglichem eine ganz eigene unverwechselbare manchmal auch unergründliche Note, durch die die große Tragödie des Seins aufblitzt.

Murakamis Geschichten sind einfach zu lesen, aber nicht immer einfach zu verstehen.
Für eine Leserschaft, die dennoch bereit ist, sich auf solchen nicht immer eindeutigen Pfaden zu bewegen, ist Murakamis Prosa eine echte Bereicherung.