Rezension

Großes Drama, viel Atmosphäre - aufwühlend und anstrengend

Sturmhöhe -

Sturmhöhe
von Emily Brontë

Bewertet mit 3.5 Sternen

Das Findelkind Heathcliff wächst zusammen mit der gleichaltrigen Tochter des Hauses, Catherine Earnshaw, auf dem Anwesen Wuthering Heights auf. Sie verlieben sich mit den Jahren, aber es kommt alles anders, als Heathcliff es sich erträumt hat. Selbst herumgestoßen und verschmäht wird aus ihm eine rachsüchtige, zerstörerische Person. Das große Drama dieses Romans von Emily Brontë nimmt seinen Lauf.

Wir erfahren alle Einzelheiten dieser verhängnisvollen Geschichte durch die langjährige Haushälterin Nelly. Sie erzählt es dem neuen Pächter des Herrenhauses Thrushcross Grange, welches zum Anwesen gehört.

Der Einstieg in diese Geschichte aus dem 19. Jh. - übersetzt ins Deutsche 1938 von Grete Rambach -  ist durchaus etwas holperig. Ein wenig Gewöhnung an die ältere Sprache braucht es, die so bildhaft ist, dass man nichts übersehen möchte. Außerdem kommt man schnell mit dem Figurenensemble ins Schleudern - gleiche Namen machen dies nicht einfacher. Hier ist allerdings der Stammbaum zu Beginn dieser Ausgabe Gold wert und mit der Zeit findet man sich ganz gut zurecht.

Der Aufbau des Romans ist stringent, perfekt komponiert und durch unterschiedliche Erzählperspektiven aufgelockert.

Brontë zaubert mit großer, bildhafter Erzählkraft eine sehr intensive Atmosphäre. Die zwischenmenschlichen Beziehungen und Verstrickungen, die Befindlichkeiten der einzelnen Charaktere werden sehr eindringlich dargestellt. Für meinen Geschmack allerdings über weite Strecken zu dick aufgetragen. Es gibt nahezu keine Sympathieträger, sie sind entweder viel zu böse und intrigant, zu weinerlich, zu hochmütig... und alle miteinander baden in Selbstmitleid. Es ist die meiste Zeit Drama pur. Die überbordende Emotionalität aller hat mir das Lesen teils sehr madig gemacht. Ich habe mich in keine Person wirklich einfühlen können und war hin und wieder recht genervt. Hinzu kommt eine Daueranspannung beim Lesen, da Brontë diese Begebenheiten extrem fesselnd erzählt. Dies könnte man aber auch als Pluspunkt durchgehen lassen ;-)

Zum Ende hin gibt es überraschende Wendungen. Vielleicht ein bisschen plötzlich - das mag jede*r für sich entscheiden. Ich bin etwas versöhnt worden und habe die Erzählkunst der Autorin zum Schluss noch einmal mehr genießen und würdigen können.

Alles in allem ist "Sturmhöhe" durchaus zu Recht ein Klassiker der britischen Romanliteratur des 19.Jahrhunderts. Unbequem zwar (nicht nur damals), aber sehr intensiv, mit leichten Anklängen gesellschaftlicher Kritik (bspw: zu starre Ordnungen, die durchbrochen werden sollen; Frauenemanzipation). In der Zeitung „Examiner“ am 8. Januar 1848 hieß es dazu:  „Es handelt sich um einen verwirrenden, uneinheitlichen und unwahrscheinlichen Roman, und die Leute, die in dieses Drama verwickelt sind, das schon für sich genommen tragisch genug ist, sind Wilde, von rauerem Gemüt als zu Homers Tagen“ .

Wenn ich "Sturmhöhe" teils auch mit Widerwillen gelesen habe, am Ende bin ich ganz froh es getan zu haben. Ein Roman, der mit Sicherheit aufgrund seiner Intensität eine ganze Weile nachwirkt. Die volle "Punktzahl" gibt's aber diesmal nicht (3,5*).