Rezension

Großes Potential

Washington Black - Esi Edugyan

Washington Black
von Esi Edugyan

Bewertet mit 3 Sternen

Mir fällt es sehr schwer, meine Leseeidrücke zu "Washington Black " in Worte zu fassen.

Zu Beginn entwickelt das Buch einen unheimlichen Sog und zieht uns direkt hinein in das Leben des kleinen Washington Black, der 1830 als elternloser, schwarzer Sklave auf einer Plantage aufwächst und das Leid und die Unterdrückung der Schwarzen von klein auf am eigenen Leib zu spüren bekommt. Sein Leben ist geprägt von Entbehrung, Gewalt und Misgunst selbst unter den Mitleidenden, aber auch von schwach erblühendem Vertrauen, als der Bruder des Masters ihn als Gehilfen für seine wissenschaftlichen Projekte erwählt. Aber auch dieses vergleichsweise sicheres Leben wird durch einen Schicksalsschlag erschüttert und zwingt den zwölfjährigen Wash zur Flucht...

Gerade dieser erste Abschnitt zeigt mit seiner amtosphärischen Dichte und dem fast fühlbaren Leid, das er verströmt, das literarische Potential, das in diesem Buch steckt.

Frau Edugyan lässt den jungen Wash seine eigene Geschichte erzählen und fängt den Leser dadurch gekonnt ein. Mich berührte vor allem die emotionale Abgestumpftheit, mit der ein Kind von solch geballter Gewalt erzählt ohne deren Bedeutung überhaupt vollständig erfassen zu können.
Allein mit der Schilderung des Lebens auf der Plantage hätte man ein ganzes Buch füllen können.

Doch der Stil und Atmosphäre der Geschichte ändern sich fühlbar als sich Wash mit Titch, seinem Master und Gefährten, auf die Flucht wagt.

Diese inhaltliche Wende bedeutet für mich auch insgesamt den großen Wendepunkt des Buches, ab dem es immer mehr Potential verschenkt und mich als Leser immer weniger gefangen nehmen kann.

Zu oft werden Personen eingeführt, die wie Glühwürmchen kurz aufleuchten, um dann schnell wieder aus dem weiteren Verlauf der Geschichte zu verschwinden.

Manches Stilmittel wird einfach zu oft verwendet, was die Geschichte teilweise schon zu vorhersehbar wirken lässt.

Am unerträglichsten aber sind für mich die teilweise zu gewollt wirkenden Andeutungen, die einfach nicht aufgeklärt werden. Bestes Beispiel, das mich auch am meisten stört, ist einfach das Ende, in das ich so viel hineininterpretieren kann, ohne eine Antwort auf meine Vermutungen zu bekommen.

Insgesamt ist es eine Geschichte, die erzählt werden sollte, weil sie wichtige Themen anschneidet. Die aber gleichzeitig ziemlich viel Potential verschenkt und anfangs vielleicht Erwartungen schürt, die sie letztendlich nicht erfüllen kann. Abseits davon ist sie einfach ein unterhaltsamer Abenteuerroman, mehr aber auch nicht.