Rezension

Großvater und Enkel

Ein wenig Glaube - Nickolas Butler

Ein wenig Glaube
von Nickolas Butler

Bewertet mit 3.5 Sternen

Der Autor entführt den Leser nach Amerika, irgendwo auf dem Land. Lyle hat nach dem Tod seines einzigen Sohnes im Babyalter seinen Glauben verloren, geht aber seiner Frau Peg und der Tradition zuliebe immer noch in den Sonntagsgottesdienst. Doch die Zweifel verlassen ihn nicht.

Nun ist seine Adoptivtochter Shiloh zusammen mit dem Enkel Isaac nach Hause zurückgekehrt. Die Großeltern blühen auf, umhüllen den Fünfjährigen mit Liebe. Bis er ihnen wieder entzogen wird, weil die Tochter sich in einer andere Glaubensgemeinschaft zu Hause fühlt.

Lyle steht dem sehr skeptisch gegenüber und traut dem neuen Lebensgefährten seiner Tochter nicht. Um sie nicht ganz zu verlieren, hält er sich lange zurück, bis er entdeckt, dass das Leben seines Enkels gefährdet ist.

Wie der Anmerkung des Verfassers am Ende des Buches zu entnehmen ist, beruht es auf einer wahren Begebenheit aus dem Jahre 2008. Angeblich sterben in den USA jedes Jahr Hunderte, wenn nicht gar Tausende Kinder an eigentlich vermeidbaren gesundheitlichen Problemen, während ihre Eltern oder Erziehungsberechtigten um ihre Gesundung beten, statt sich medizinischer oder wissenschaftlicher Methoden zu bedienen.

Ich habe das Buch mit großem Interesse gelesen. Der Schreibstil war gut lesbar, aber nicht überragend. Der Glaube mit all seinen Zweifeln wurde nachvollziehbar von verschiedenen Seiten beleuchtet. Das Leben auf dem weiten Land mit einer intakten Nachbarschaft beschrieb der Autor so lebendig, dass ein gewisser Lesesog entstand. Am besten gefiel mir die innige Verbindung zwischen Großvater und Enkel – sie trägt das Buch.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 15. November 2020 um 18:34

Ich habe das Zentrum des Buches eher  in der Frage gesehen, wieweit persönlicher Glaube(n) in das Leben anderer, anvertrauter Personen, gehen darf. Es wurde ganz schön schwarzweiß gemalt, aber wenn ich sehe, was gerade in den Staaten abgeht, glaube ich, dass an dem Schwarzweißsein in den USA viel dran ist, die Leuts haben tatsächlich Bretter vor dem Kopf und "glauben", was sie wollen. Realitätsverlust auf weiter Fläche. Traurig das.

Die Großvater-Enkel-Nähe ist natürlich auch erzählt und vorhanden, aber ich würde nicht so weit gehen, zu sagen, dass der Roman davon lebt. Vllt ist das aber der Teil, der dir besonders zusagte ;-)).

gst kommentierte am 16. November 2020 um 12:05

Sicher kann man den Roman auf verschiedene Arten lesen. Die Art und Weise zu glauben spielt eine große Rolle. Hat mich aber wirklich nicht so angesprochen, wie das Verhältnis zwischen dem alten Mann und seinem Enkel. Vielleicht liegt das an meinem Alter? Könnte schon sein. Ich finde es jedenfalls interessant, wie unterschiedlich Bücher beim Leser ankommen können ;-).

wandagreen kommentierte am 16. November 2020 um 14:20

Also, ich denke, das war das Thema! Angesprochen hat mich auch etwas anderes, nämlich die Schilderung des amerikanischen ländlichen Raums.