Rezension

Grusel mit Tiefgang

Frankenstein or The Modern Prometheus - Mary Shelley

Frankenstein or The Modern Prometheus
von Mary Shelley

Bewertet mit 3.5 Sternen

Mary Shelley lässt in ihrem Roman Viktor Frankenstein dem Kapitän Robert Walton, der die vollkommen durchgefrorere und ausgezehrte Gestalt auf dem Eis aufgabelte, seine Geschichte erzählen. Schon mit jungen Jahren interessierte sich Viktor, der behütet und in Wohlstand aufwuchs, für die Wissenschaft und verschlang jeden Buch, was ihm in die Finger kam. Als er sein Studium in Ingolstadt fortsetzte, stieß er auf das Geheimnis, Leben entstehen zu lassen. Vollkommen fasziniert, wollte Viktor es selbst ausprobieren und erschuf ein Wesen, dessen Teile er sich mühsam zusammensuchte und miteinander verband. Ohne über die Konsequenzen nachzudenken, hauchte er ihm Leben ein. Doch schlägt die anfängliche Fasziniertheit in Schock und Entsetzen um, das Monster kann fliehen. Doch es kommt wieder - und mit ihm eine Menge Leid fü Viktor Frankenstein.

Der Roman erschien 1818, und war bei Entstehung in Mary Shelleys Kopf nur als Gruselgeschichte unter Freunden gedacht. Doch motiviert durch ihren Mann, vervollständigte und führte die Autorin den Roman weiter aus. Das Produkt ist das, was der Leser nun in den Händen halten kann.

Frankensteins Monster kannte ich vöm Hörensagen, eine Verfilmung habe ich nie gesehen, und umso gespannter war ich auf das Original. Nach dem Lesen kann ich sagen: Das Buch war gar nicht mal schlecht. Nur: Als Horrobuch würde ich es nicht betiteln. Es hat lediglich eine kleine Gruselszenen, und natürlich die Idee, künstliches Leben erschaffen zu können. Eine Idee, die grade heute noch Substanz hat.

Die erste Hälfte des Buches hat mir richtig gut gefallen. In der zweiten Hälfte hatte ich das Gefühl, alles schleppte sich nur noch vorwärst und Frankenstein lag die meiste Zeit auch nur krank im Bett und beklagte sein Leid. Das war zwischenzeitlich doch etwas mühselig zu lesen. Was mir aber richtig gut gefiel, ist die Art, wie die Autorin die Gedankenwelt ihrer Charaktere zum Leben erweckt: richtig plastisch. Die innere Zerrissenheit von Viktor, seine Angst und seine Reue konnte man sehr gut nachvollziehen, aber ebenso die Gefühle des Monsters, seine Wut auf Viktor und sein Leid, aufgrund seines Aussehens niemals unter den Menschen leben zu können und Liebe zu erfahren..

Auch die Aktualität des Themas, das Spielen von Gott und die damit einhergehende Verantwortung, hat mir gefallen. Viktor erschafft hier Leben, ohne sich vorher über irgendwelche Konsequenzen klar zu sein und ohne hinterher Verantwortung übernehmen zu wollen bzw. sich sehr schwer damit zu tun. Parallelen zu heutigen Wissenschaften sind definitiv vorhanden.

In allem ein lesenswerter Klassiker, zwischendurch wohl mal etwas langatmig, aber dennoch von interessanter Thematik.