Rezension

Güner Yasemin Balci - Das Mädchen und der Gotteskrieger

Das Mädchen und der Gotteskrieger - Güner Y. Balci

Das Mädchen und der Gotteskrieger
von Güner Y. Balci

Bewertet mit 5 Sternen

Kurzbeschreibung: 
Nimet aus Berlin ist 16, als sie über WhatsApp eines Tages eine Nachricht von Saed erhält, einem jungen Mann aus der Türkei. Übers Internet sind die beiden bald in ständigem Austausch, Saed ist immer für sie da, und irgendwann nennt er sie seine »Frau«. Er ist so anders als die Männer, die Nimet bisher kennt. Sie lässt sich ganz auf ihn und seine Welt ein, ihre Freundschaften zerbrechen. Sie weiß nicht, dass Saed für den IS kämpft. 
Eines Tages kommt von ihm keine Nachricht mehr. Ein Fremder meldet sich, Nimet müsse kommen. Sie macht sich auf zur türkisch-syrischen Grenze. Güner Yasemin Balci erzählt in ihrer eindrucksvollen Reportage, wie Nimet als Dschihad-Braut angeworben wird und erst im "Kalifat" merkt, dass sie benutzt wurde. *Quelle*

Zur Autorin: 
Güner Yasemin Balci wurde 1975 in Berlin-Neukölln geboren. Bis 2010 war sie Fernsehredakteurin beim ZDF, heute arbeitet sie als freie Autorin und Fernsehjournalistin. 2012 erhielt sie für ihre Reportage ›Tod einer Richterin‹ den Civis-Fernsehpreis. 2016 erscheint ihr Dokumentarfilm ›Der Jungfrauenwahn‹ (Arte/ZDF). Balci ist Kolumnistin für die »Stuttgarter Nachrichten«, ihre Texte erschienen u.a. in der »Zeit« und im »Spiegel«; im Deutschlandradio und Deutschlandfunk sind ihre politischen Features gesendet worden. 
Ihre Bücher bauen auf den Erfahrungen ihrer langjährigen Arbeit mit Jugendlichen aus türkischen und arabischen Familien in Neuköllns sozialen Brennpunkten auf: ›Arabboy‹ (2008), ›ArabQueen‹ (2010) und ›Aliyhas Flucht‹ (2012).

Meinung: 
Die 16-jährige Nimet lebt mit ihrer Mutter Sibel und der älteren Schwester Dilara in Berlin. Ihre Eltern sind geschieden, und Vater Ali hat eine neue Familie gegründet. Mit ihrer besten Freundin Cayenne macht Nimet das Nachtleben unsicher, flirtet mit Jungs und lebt ein normales deutsches Teenagerleben, bis sie Cayennes Cousine kennenlernt. Die Konvertitin Jacqueline, die sich jetzt Nour nennt, lebt einen streng ausgelegten Islam und gewinnt Nimet immer mehr für sich.

Eines Tages erhält Nimet eine WhatsApp-Nachricht von einem gewissen Saed, in den sie sich Hals über Kopf verliebt. Er macht ihr Komplimente, bringt ihr das regelmäßige Beten bei. Bald findet Nimet sich in einer unaufhörlichen Spirale wieder, die sie immer weiter in Richtung radikaler Ansichten zieht, und sie macht sich auf den Weg in die Türkei nach Syrien zu Saed.

Güner Yasemin Balci hat mit Das Mädchen und der Gotteskrieger eine eindrucksvolle Charakterstudie geschrieben, die betroffen macht und erschüttert, wie einfach es doch ist, junge Mädchen in den Sog des IS zu ziehen, indem sie massiv manipuliert werden.

Nimet ist anfangs ein sorgloses Mädchen, das in den Tag hineinlebt und recht oberflächlich ist. Sie hat so gut wie keine Beziehung zum Islam und macht sich lustig über die muslimischen Frauen mit Kopftüchern. Doch Nour, die Cousine ihrer besten Freundin Cayenne, versteht es von Beginn an, sie für sich einzunehmen, sie mehr und mehr ihrer eigenen Familie zu entfremden und sie für "die gute Sache" zu gewinnen.

Als sie dann auch noch Saed kennenlernt, der angeblich zufällig ihre Handynummer eingetippt hat, was sie schon hätte stutzig machen sollen, nimmt die Tragödie ihren Lauf. Denn Saed, der sich als Helfer für syrische Kriegsopfer ausgibt, ist nicht das, was er vorgibt zu sein. Und so rennt Nimet sehr naiv in ihr Verderben, bis es kein Entkommen mehr zu geben scheint.

Güner Yasemin Balci zeigt mit diesem Einzelschicksal auf, wie heutzutage Dschihadisten junge Frauen anwerben, die keine richtige Perspektive in ihrem Leben sehen, aus zerrütteten Familien stammen und eine große Naivität an den Tag legen. Sie werden mit den vermeintlichen Aussichten auf Freundschaft, großen Zusammenhalt, Verständnis und einer großen Liebe in die Falle gelockt und merken erst zu spät, auf was sie sich eingelassen haben.

Dies stellt die Autorin ausnehmend realistisch, nachvollziehbar und glaubhaft dar, das es den Leser regelrecht zu erschüttern vermag. Ein zu heutiger Zeit meines Erachtens wichtiges Buch, das nicht genug Leser haben kann und das ich sogar als Schullektüre empfehlen würde.

Fazit: 
Das Mädchen und der Gotteskrieger erzählt anhand eines Einzelschicksals den Werdegang einer normalen Jugendlichen zur Dschihadistin. Authentisch, eindrucksvoll und erschütternd berichtet Güner Yasemin Balci, wie schnell man anhand durch gewissenlose Manipulation und Versprechungen in einen solchen Strudel geraten kann, der kaum noch einen Ausweg bietet. Lesetipp!