Rezension

Gut durchdacht, spannend beschrieben...

Falsche Schwestern - Cat Clarke

Falsche Schwestern
von Cat Clarke

Bewertet mit 4 Sternen

Vor 13 Jahren verschwand Faiths Schwester, die damals sechs jährige Laurel, spurlos. Faith hat seither ein Leben zwischen Verzweiflung und Hoffnung verbracht, denn die Suche nach dem verlorenen Familienmitglied hat sie alle aufgerieben. Vor einigen Jahren ging die Ehe der Eltern in die Brüche, sie sind aus dem ehemaligen Haus ausgezogen und haben ein neues bezogen. Doch die Erinnerungen sind stets die gleichen geblieben.
Heute ist Faith 17, hat ihre eigenen Sorgen und Gedanken. Sie hat sich ihr Leben selbst gestaltet. Doch plötzlich steht Laurel wieder auf der Matte. Sie ist ihrem Martyrium entkommen und soll nun nach Hause kommen. Was zunächst wie ein Traum klingt, birgt allerdings viele Umstände, denn nicht alles ist so, wie es zunächst scheint.

Die Autorin Cat Clarke wurde in Sambia geboren, ist aber in Schottland aufgewachsen. Heute lebt sie in London und lässt dort ihrer kreativen Ader freien Lauf. Mit diesem Werk erweckt sie die smarte Faith zum Leben und bringt ihr Schicksal den Lesern näher.

Ganz im Mittelpunkt des Geschehens steht die junge Protagonistin, die zwischen den Stühlen steht. Zum einen ist sie glücklich, dass ihre Schwester wieder da ist, zum anderen muss sie nun einen neuen Weg finden, mit dem ganzen Theater, das darum gemacht wird, zurecht zu kommen. Schließlich lebt sie seit 13 Jahren mit der Trauer und Verzweiflung innerhalb der Familie. Nun scheint erneut ihre Person in den Hintergrund zu rücken und wiedermal steht Laurel im Fokus der Familie. Sie selbst fühlt sich fast unsichtbar, denn sie wird von kaum jemanden wahrgenommen. Einzig der neue Lebensgefährte ihres Vaters, der nach der Ehe mit ihrer Mutter nun eine homosexuelle Beziehung führt, scheint für sie da zu sein.

Die Handlung wird sehr einfühlsam und langsam beschrieben. Es bleibt genug Raum, die Entwicklung hautnah mitzuerleben und sich die Charaktere vorzustellen. Außerdem verwendet die Autorin eine sehr bildliche und lebendige Sprache, wodurch die Kulisse authentisch erscheint. Zusätzlich schafft sie es mühelos, den Leser durch ihre anschauliche Erzählweise an die Seiten zu fesseln. Es ist also ganz einfach, sich auf das Werk und ihre Protagonisten einzulassen. 

Während die Geschichte sich sehr dramatisch, teilweise auch traurig und grausam gestaltet, beinhaltet sie aber auch vieles mehr. Es geht um Familie, Freundschaften und Lebenswillen. Es geht darum, dass eine junge Frau versucht hat, das schreckliche Geschehen zu überleben und nun in ein zerrüttetes Elternhaus zurückkehrt. Es geht darum zu erfahren, wie die Angehörigen mit eines solches Situation umgehen, denn nicht nur für die Entführte ist es eine schwere Zeit.

Gut durchdacht, spannend beschrieben,
nur etwas zu langatmig gestaltet.

Mein persönliches Fazit:
Mich hat die Geschichte bewegt. Wenn sie mir auch etwas zu lang erschienen ist, denn einige Momente wurden sehr zäh und ausschweifend beschrieben, konnte mich Laurels Schicksal dennoch erreichen. Doch eigentlich fühlte ich mich viel mehr mit Faith verbunden, die ebenfalls ein Opfer ist. Sie hat auch ihre Familie verloren, als diese aufgehört hat, sich für sie zu interessieren und alle nur noch nach der Vermissten Ausschau gehalten haben. Faith ist zu einer Randgestalt geworden, verdrängt von einer grausamen Tat. Durch ihre Person ist deutlich geworden, dass auch die Rückkehr eines geliebten Menschen nicht einfach vonstattengeht.
Insgesamt habe ich mich gut unterhalten gefühlt und bin glücklich, das Schicksal von Laurel, aber auch Faiths Trauma miterlebt zu haben. Deshalb gibt es von mir eine klare Leseempfehlung!