Rezension

Gut geschrieben

Die Deutschlehrerin - Judith W. Taschler

Die Deutschlehrerin
von Judith W. Taschler

Bewertet mit 3.5 Sternen

Mathilda, eine engagierte Deutschlehrerin, nimmt ebenso wie Xaver, ein Schriftsteller, an dem Projekt "Schüler/in trifft Autor/in" teil. In diesem Rahmen leiten die Autoren eine Woche lang eine Schreibwerkstatt an verschiedenen Schulen. Mehr oder weniger zufällig wird Xaver Mathildas Schule zugeordnet.
Xaver, der mit Mathilda eine sechzehn Jahre lange Beziehung, die bereits ebenso lange zurückliegt, führte. 
Xaver, der Mathilda nach langer Verweigerung Nachwuchs versprochen hatte, dann aber Hals über Kopf aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen ist, um nur kurze Zeit später Mathildas sehnlichsten Wunsch mit einer anderen zu erfüllen, indem er heiratete und Vater wurde.
Die beiden nutzen ihr Wiedersehen für lange Gespräche und erzählen sich dabei Geschichten, die für den anderen immer weniger fiktiv erscheinen ...

Judith W. Taschlers Schreibstil hebt sich von der Masse ab, so findet man einige Bandwurmsätze, die jedoch deutlich zeigen, dass die Autorin ihr Handwerk versteht. 
Insbesondere bei den ersten Seiten hatte ich dabei - wie passend - förmlich die Stimme meines Deutschlehrers im Ohr, wie er die Textpassagen abwechslungsreich vertonen würde.
Der Text ist durchaus anspruchsvoll und der Spannungsbogen wirkungsvoll sowie der Verlauf nicht vorhersehbar, die Überschriften, die sich offenbar der besseren Orientierung wegen wiederholten, wirkten auf mich jedoch etwas fad.
Die Gespräche und E-Mails dagegen erschienen durchaus lebhaft, allerdings ermöglichte der Schreibstil mir weniger, Mitgefühl mit den Protagonisten zu empfinden und sorgte so vielmehr dafür, dass ich gedanklich eine gewisse Distanz zu der Geschichte wahrte.
Auch die Erzählungen über die Vorfahren der beiden konnte mich nur beschränkt mitreißen und erschien mir vielmehr wie ein Mittel, um die Seitenzahl des Buches zu erhöhen.
Mit dem Ende konnte ich mich dann wieder sehr gut anfreunden.

"Die Deutschlehrerin" kann ich jedem empfehlen, der Wert auf abwechslungsreiche, anspruchsvolle Lektüre legt und Psychodramen gegenüber nicht abgeneigt ist.