Rezension

Gut geschrieben, aber mir fehlte die Spannung

Maigret in der Liberty Bar - Georges Simenon

Maigret in der Liberty Bar
von Georges Simenon

Bewertet mit 2 Sternen

Bisher kannte ich keinen der 120 Romane und 150 Erzählungen des Belgiers Georges Simenon (1903-1989), weder einen seiner Krimis mit dem ewig Pfeife rauchenden Kommissar Maigret noch einen seiner Non-Maigret-Romane. Nachdem ich nun dank eines Überraschungspakets des Atlantik-Verlags, der gerade die Neuübersetzungen Simenons herausbringt, zunächst den 1948 erstmals und nun im November 2019 veröffentlichten Roman "Der Schnee war schmutzig" gelesen hatte - ganz ohne Maigret und kein Krimi -, der mir ausnehmend gut gefallen hatte und den ich sehr gern weiterempfehle, las ich nun den bereits 1932 erstmals und nun im Februar 2020 in neuer Übersetzung erschienenen Krimi "Maigret in der Liberty Bar": Der Mord an einem Australier führt Kommissar Maigret an die Côte d’Azur, wo er sich im milden Mittelmeerklima wie im Urlaub fühlt. Erst nach dem Anblick des Toten, der ihm verblüffend ähnelt, beginnt sich Maigret für den Mann zu interessieren, der für den französischen Geheimdienst arbeitete, mit zwei Frauen zusammenlebte und Verbindungen in eine seltsame Bar hatte - die Liberty Bar. Auch in diesem Maigret-Krimi liegt der Schwerpunkt des Romans [wie angeblich bei den anderen Maigret-Romanen auch] weniger auf äußerer Handlung als auf dem inneren Prozess Maigrets, der zunächst einmal das Geschehen zu verstehen versucht. Nach einigem Hin und Her ist die Tat endlich aufgeklärt, doch am Ende gibt es keine Verhaftung, sondern Maigret überlässt die Täterin ihrem ohnehin schweren Schicksal. Ist "Maigret in der Liberty Bar" nun einer von Simenons schwächeren Krimis? Ich hatte mir nach meinem ersten Simenon-Roman (siehe oben) jedenfalls mehr vom berühmten „Maigret“ versprochen. Stellenweise langweilte mich der Krimi sogar. Liegt es vielleicht am Alter des Krimis, der immerhin vor fast 90 Jahren geschrieben wurde? Mag sein. Heutzutage verlangt man nach mehr Tempo, mehr Action, noch mehr Psycho – alles dies fehlte mir hier. Der Roman schien mir zudem nicht schlüssig, die Auflösung allzu überraschend. Nach diesen zwei Erfahrungen kann ich mir durchaus vorstellen, einen weiteren Non-Maigret-Roman von Georges Simenon zu lesen, einen weiteren "Maigret" aber wohl eher nicht.