Rezension

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gut geschrieben, toll übersetzt und ebenso zu lesen

Londoner Triptychon - Jonathan Kemp

Londoner Triptychon
von Jonathan Kemp

Bewertet mit 3 Sternen

Eigentlich habe ich hier gleich drei Geschichten gelesen, die jeweils im Abstand von einigen Jahrzehnten spielen und nur sehr lose miteinander verbunden sind. Verbunden zum einen durch das Sujet – in allen dreien geht es um Stricher, ihren Beruf und ihr Verhältnis zu ihren Kunden und Kollegen -, zum anderen dadurch, dass dem Protagonisten aus der einen eine kleine Rolle in der nächsten Story zufällt.
Die drei Prostituierten haben ihren Beruf recht bewusst selbst gewählt, sie gehen ihrem Beruf selbstbestimmt und gerne nach, was vielleicht nicht auf die Mehrzahl der Sexarbeiter zutrifft. Alle drei scheitern letztendlich, weil ihnen in irgend einer Form die Liebe ins Gehege kommt: der eine verliebt sich in seinen Kunden Oscar Wilde (was natürlich das fatale Ende der Geschichte schon historisch vorgibt), der zweite wird geliebt und kommt darüber nicht hinweg, der dritte liebt einen Kollegen, der seine Liebe nicht erwidert.
Das ganze ist gut geschrieben, toll übersetzt und ebenso zu lesen. Es unterhält. Die Konstruktion des Buches, in der sich die Episoden der Einzelgeschichten jeweils abwechseln, hat mir gefallen. Der Roman wird dadurch kurzweiliger, bekommt eine gewisse Komplexität.
Ja, und die Geschichte hat einen Schuss Erotik, was ja zu erwarten war. Und das ist auch das Problem an diesem Buch. Es ist vorhersehbar, weil es eben so ist, wie man einen Stricherroman erwarten würde. Es zeigt, wie man in den jeweiligen Gesellschaften mit Homosexuellen umgeht, aber nicht, welche Besonderheiten das Anschaffen mit sich bringt. Wer eine neue oder provokante Sicht auf diesen Teil der schwulen Kultur erwartet, wird enttäuscht. Wer das Milieu mag, die Halbweltatmosphäre anregend findet, der wird mit diesem Buch seinen Spaß haben.