Rezension

Diese Rezension enthält Spoiler. Klicken, um alle Spoiler auf dieser Seite lesbar zu schalten.

"Gut Greifenau" - historische Familiensaga mit Suchtfaktor

Gut Greifenau - Nachtfeuer - Hanna Caspian

Gut Greifenau - Nachtfeuer
von Hanna Caspian

Bewertet mit 5 Sternen

"Die Welt hielt für einen Moment den Atem an. Der Himmel verschluckte die Sonne. Es wurde von Minute zu Minute dunkler und kälter."
21. August 1914 - Greifenau, Hinterpommern, 
gräfliches Landgut derer von Auwitz-Aarhayn
***
 Die Familiensaga "Gut Greifenau" ist platziert vor der Kulisse des ersten Weltkriegs. Es geht um die gräfliche Familie derer von Auwitz-Aarhayn, deren Dienstboten, den Bewohnern des Dorfes Greifenau … Im zweiten Teil "Nachtfeuer" setzt sich die Geschichte fort. Der älteste Sohn Konstantin ist im Krieg und sein Vater Adolphis unfähig, das Gut wirtschaftlich zu führen. Feodora, seine Frau, russischer Abstammung und weitläufig mit der Zarenfamilie verwandt, strebt weiterhin eine Vermählung der jüngsten Tochter Katharina mit dem Kaiserneffen Ludwig von Preußen an. Doch Katharina liebt einen anderen. Julius, ein Industriellensohn, nicht vom Stand, aber mit sehr viel Familienvermögen. Auch der älteste Sohn Konstantin hatte sich nicht standesgemäß verliebt. In Rebecca, der Dorflehrerin. Doch diese Beziehung war in die Brüche gegangen, was allein an Konstantin lag. Nachzulesen im ersten Band. Und dann ist da noch Albert Sonntag, der jetzige Kutscher auf dem Gut. Er arbeitet hier, um endlich seine Herkunft zu klären. Die Aufklärung um ihn ist ebenfalls eine Geschichte in der Geschichte und von der Autorin verständlich und gut eingeflochten. Es sind die einzelnen Schicksale, die sich in "Nachtfeuer" hervorheben. Und vieles erklären.
Eindrucksvoll beschreibt die Autorin des Einfluss des Krieges auf die Bevölkerung, die Not und den Hunger. Aber auch das Leiden der Soldaten an den Kriegsschauplätzen. Wer geschichtlich interessiert ist, dem offenbaren sich hier wahre Abgründe. Familien, die Opfer bringen müssen, ihre Söhne verlieren, Kinder ihre Väter.
Klar dargestellt im Roman erneut das Denken derer von und zu. Aber nicht alle. Auch das für damalige Verhältnis moderne Denken einiger Charaktere ist klar erkennbar. Wie gesagt, es ist eine fiktive Geschichte, in die tatsächliche und recherchierte Historie eingeflossen ist. Gerade die in den ehemaligen deutschen Gebieten wie Pommern, West-/Ostpreußen u.a. liefern sicherlich guten Stoff für gute historische Romane.
Was für mich neu war oder ich habe es schlichtweg vergessen, ist die Finanzierung der Bolschewiki und Lenin durch deutsches Geld. Die russische Revolution, die "Beurlaubung" des Zaren, wieso Graf Konstantin irgendwie hier eine Rolle spielt, ist wiederum eine Geschichte in der Gesamthandlung.
Sollte man von den Protagonisten eine bestimmte hervorheben, dann ist das für mich Katharina. Ihre Entwicklung, ihr Denken und der Umgang mit dem Krieg und ihren Folgen lassen sie zu einer eigenen Persönlichkeit reifen. Aber auch so kann man sich gut in die jeweiligen Personen, ihrem Denken und den Gefühlen hineinversetzen. Die Autorin hat ihre Szenenwechsel sehr gezielt als auch passend platziert, so dass  für den Leser jeweils neue Informationen preisgegeben werden. Die Handlung ist tiefgehend und die Charaktere bleiben nicht ohne Wirkung. Es gibt halt Romane, in die "taucht" man ein, sie sind spannend von der ersten bis zur letzten Seite. Eine Geschichte, die mitreißt und der du dich nicht entziehen kannst. Es endet mt einem heftigen Cliffhanger und macht neugierig auf den dritten Band der Trilogie. Warten wir ab, was "Morgenröte", welcher Anfang März erscheint, noch an Überraschungen bereit hält.
Mit "Nachtfeuer" habe ich erneut eine hochinteressante historische (Lese)-Reise unternommen.