Rezension

Gut und anspruchsvoll....

Amt für Mutmaßungen - Jenny Offill

Amt für Mutmaßungen
von Jenny Offill

Ein besonderes Buch, für das man sich als Leser ein wenig Zeit nehmen muss...obwohl es seitenmäßig doch überschaubar ist....

Das ist ein erfrischend anderes Buch, so dachte ich mehrfach beim Lesen dieses Ehedramas. Wobei ich gestehen muss, dass ich anfangs ein paar Schwierigkeiten hatte, in die Geschichte hinein zu kommen.

Man hat das Gefühl, in einem Tagebuch zu lesen, welches immer wieder gespickt ist mit Zitaten von verschiedenen bekannten Persönlichkeiten. So findet man beispielsweise unterschiedliche Hinweise auf Äußerungen Einsteins, Sokrates oder auch Kafkas. Teilweise wirken diese "Tagebuchaufzeichnungen" auf mich leicht ungeordnet, wie Geistesblitze oder auch kurze Gedankensprünge der Hauptperson, denen ich nicht immer direkt vollständig folgen kann. Ein Buch, auf das man sich schon etwas intensiver konzentrieren muss, um die Gesamtheit zu verstehen. Denn auch der Perspektivwechsel der Protagonistin, die von sich selber teilweise als "die Frau" spricht, dann jedoch auch die Ich-Erzählweise wählt, trägt in meinen Augen durchaus zur Verwirrung bei... 

Trotz allem oder gerade, weil dieser Roman so anders ist, ein herrlich ungewöhnliches Buch Und von daher sehr erfrischend und poetisch - einfach mal wieder ein völlig anderer Schreibstil. Wunderbar finde ich  die Beschreibung von "Zu Hause":

"Ein Zuhause hat man, damit man bestimmte Leute drinnen und alle anderen draußen halten kann. Ein Zuhause hat eine Begrenzung. Aber hin und wieder wurde unsere Begrenzung überschritten, von Nachbarn, von Pfadfinderinnen, von Zeugen Jehovas. Es passte mir nie, wenn es an der Tür klingelte. Niemand, den ich mochte, meldete sich auf diese Weise."

Und bevor man sich zu sehr den Kopf darüber zerbricht, woher die Formulierung "Amt für Mutmaßungen" stammt - ...die Liebesbriefe der Protagonisten waren früher mit dem Absender Amt für Mutmaßungen versehen.

Ich kann nur sagen, obwohl das "Amt für Mutmaßungen" mich optisch vom Titel her niemals direkt angesprochen hätte, ist es ein ganz außergewöhnliches Buch!