Rezension

Gut und Böse fein säuberlich getrennt

Mehr als die Erinnerung -

Mehr als die Erinnerung
von Melanie Metzenthin

Bewertet mit 4 Sternen

Eine tolle Mischung aus historischen Frauenroman und Krimi mit gut recherchiertem Hintergrund

Gut Mohlenberg, 1920: Eine Einrichtung, die psychisch kranken Menschen mit einem für diese Zeit untypsichen menschenfreundlichen Ansatz die Möglichkeit bietet, ein gutes Leben zu führen. Als in der Umgebung zwei Morde geschehen, ist man mit der Verdächtigung schnell bei der Hand: Es muss einer der „Geisteskranken von Mohlenberg“ gewesen sein.

Friederike von Aalen, die dort als junge Medizinerin ihren Vater bei der Leitung unterstützt und deren Ehemann nach einem Kriegestraumata selbst zu den Patienten gehört, will die Bewohner schützen und stellt eigene Ermittlungen an.

„Mehr als die Erinnerung ist eine dieser Geschichten, bei der man durch die Seiten fliegt, gut aufgebaut und der das fachliche Hintergrundwissen der Autorin Tiefe und historische Glaubwürdigkeit gibt. Der Krimi ist homogen mit dem Setting verwoben und verliert bis zum Ende nicht an Spannung. Gleichzeitig gibt die Geschichte einen guten Einblick in die psychiatrischen Behandlungsmethoden damaliger Zeiten und der Ausgrenzung der Erkrankten.

Die zeittypischen Rollenklischees werden plastisch transportiert und es ist unterhaltsam zu lesen, wenn eine Frau sich dem widersetzt. Der Spaß potentiert sich zum Ende, als es daran geht, den Täter zu überführen.

Einen Stern Abzug gibt es jedoch: Die Charaktere bleiben sehr flach trotz ausreichendem psychischen Konfliktpotenial. Gut und Böse war schnell sortiert. Dies schwächt die emotionalen Bindung an die Protagonisten. Besonders Friederike von Aalen hatte mir viel zu wenig Ecken und Kanten und war zu übertrieben die treusorgende liebende Ehefrau und Menschenfreundin. Dem Thema hätte es gutgetan, wenn die Menschen vielschichtiger gezeigt worden wären.