Rezension

Gut zu lesen, bleibt aber thematisch sehr an der Oberfläche

Als wir von Freiheit träumten - Jon Walter

Als wir von Freiheit träumten
von Jon Walter

Bewertet mit 3 Sternen

Mit Jon Walters Schreibstil bin ich nicht gleich zurechtgekommen, er geht auf seine Charaktere eher wenig ein und schreibt auch insgesamt sehr distanziert. Das Buch ist aus der Sicht von Nancy und Clara erzählt, doch es hat ein wenig gedauert, bis ich die Schwestern überhaupt auseinanderhalten konnte. Wirklich nahegekommen sind mir die Charaktere jedoch leider bis zum Ende nicht.

Auch die Beweggründe, Ideen und die Organisation der Suffragetten bleiben Großteiles im Dunkeln. Nachdem Nancy sich ihnen angeschlossen hat, hätte ich mir hier tiefere Einblicke erhofft, doch auch dann werden nur recht wenige Hintergründe vermittelt. Da ich zu dem Thema noch kein Vorwissen hatte, fiel es mir zudem schwer historische Ereignisse oder Figuren einzuordnen. Hier hätten weitere Perspektiven viele Möglichkeiten eröffnet.

Sehr gelungen beschrieben ist allerdings die damalige Zeit und die Rolle der Frauen. Mehrmals musste ich mich vergewissern, dass der Roman wirklich im 20. Jahrhundert und nicht schon früher spielt. Das Jahr 1913 kommt einem gar nicht so fern. Für die Frauen damals war ein selbstbestimmtes Leben jedoch kaum möglich. Das Dilemma sich zwischen Arbeit und Selbstständigkeit oder Familie entscheiden zu müssen gelingt Jon Walter sehr gut zu schildern. Auch die Geschehnisse im Frauengefängnis, etwa die Zwangsernährung der sich im Hungerstreik befindlichen Suffragetten, sind sehr spannend, teils aber auch verstörend zu lesen. An diesen Stellen legt der Autor seine Distanziertheit ab und das Buch wird plötzlich sehr fesselnd.

Fazit
Insgesamt hat mir das Buch gefallen. Auch wenn es die meiste Zeit eher distanziert geschrieben ist lässt es sich sehr flüssig lesen. Für ein tieferes Wissen zum Thema muss der Leser allerdings nach zusätzlicher Lektüre suchen.