Rezension

Gute alte Zeiten?

Das Buch des Totengräbers -

Das Buch des Totengräbers
von Oliver Pötzsch

Ein alter Friedhofswärter und ein mit den modernsten Mitteln der Kriminalistik des 19. Jahrhunderts agierender Kommissar finden sich (allerdings eher unfreiwillig) zu einer sehr erfolgreichen Zusammenarbeit. Augustin Rothmayer arbeitet und lebt auf dem Wiener Zentralfriedhof. Seine Beobachtungen und Erkenntnisse, die er bei seiner Arbeit macht, helfen auch dem jungen Leopold von Herzfeldt bei seinen Recherchen zu gleich mehreren ungeklärten Todesfällen. Gibt es vielleicht einen Zusammenhang oder gar einen Serientäter?
In seinem neuen historischen Roman zeigt Pötzsch auf sehr spannende und unterhaltsame Weise, wie gut die alten Zeiten tatsächlich waren. Während im Vordergrund eine schreckliche Mordserie und deren Aufklärung den Leser in Bann zieht, packt Pötzsch eine Vielzahl geschichtlicher Details  in seinen Roman, die ihn äußerst lebendig machen und dem Leser die Zeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts deutlich vor Augen führen. Detailliert recherchiert und  packend erzählt reicht das Spektrum von der Ablehnung von Reformen und Veränderungen über soziale Missstände und Rassendiskrimination bis hin zu Kindesmissbrauch  -  keinesfalls nur historische Probleme bzw. Straftaten. Enormer technischer und wissenschaftlicher Fortschritt auf der einen Seite; menschliche Schwächen und Vorurteile auf der anderen, so dass sich der Leser unwillkürlich die Frage stellt: In wie weit haben sich Denken und Verhalten von Menschen verändert?
„Das Buch des Totengräbers“ ist ein wirklich empfehlenswerter Roman mit lebendigen Charakteren, glatten und sperrigen. Ich freue mich schon auf einen zweiten Fall mit Leo und Augustin, dem ungleichen, aber effektiven Ermittlerteam.