Rezension

Gute Geschichte, aber mit Mängeln

Der Jäger - Andreas Franz

Der Jäger
von Andreas Franz

Bewertet mit 5 Sternen

Julia Durant steht vor einem Rätsel. Innerhalb weniger Tage werden mehrere Frauen ermordet. Besonderes Merkmal: Bei jedem Opfer findet sich eine goldene Nadel. Als Julia Durants Kollege Hellmer plötzlich bemerkt, dass alle Frauen im Sternzeichen Skorpion geboren wurden, beginnt einer der unheimlichsten Fälle, den die Frankfurter Mordkommission je zu bearbeiten hatte ...

Die Bücher von Andreas Franz gleichen sich in vielen Dingen, sowohl in positiven als auch in negativen. Ich habe einige Bücher von ihm gelesen und fand die Geschichte an sich stets gut konstruiert, intellligent und spannend aufgebaut und durchaus vielschichtig. Dieses Konzept wird auch bei "Der Jäger" wieder eingehalten. Die Hintergründe der Morde sind ausgefeilt, gehen tief in die Astrologie, die Symbolik und des Kindheitstraumas. Nach und nach werden diese Hintergründe aufgedeckt und dies allein liest sich schon spannend und interessant. Es kommen zahlreiche Charaktere vor, aber alle sind sorgfältig entwickelt und so kommt man gut mit dieser Vielzahl zurecht. Insofern ein echtes Lesevergnügen mit gutem Spannungsfaktor.
Allerdings wirken die lästigen kleinen Angewohnheiten, die ich schon in früheren Franz-Büchern unangenehm fand, mittlerweile sehr störend. Zunächst einmal sind viele der Dialoge einfach nicht gut geschrieben, da oft wenig realistisch und sogar etwas unbeholfen. Auffallend auch, daß alle Charaktere in allen Franz-Büchern die gleichen Sprachmuster und Redewendungen aufweisen, besonders störend z.B. ist, daß ständig Sätze und Konversationen mit einem abrupten "Was soll's" oder "Lassen wir das" beendet werden, die mir eher den Eindruck geben, daß der Autor hier nicht mehr weiß, was er schreiben soll. Auch die Tatsache, daß die Morde, mit denen Julia Durant sich beschäftigt, in jedem Buch (zumindest denen, die ich gelesen habe) im Umfeld der wohlhabenden Frankfurter Gesellschaft abspielen, stört irgendwann. Die ständigen Beschreibungen riesiger Villen, teuerer Kleidung und Autos langweilen schnell. Noch langweiliger ist es, daß alle diese Leute sich in vielen Aspekten gleichen. Außerordentlich verstörend ist es, daß es in diesem Umfeld anscheinend keine einzige funktionierende Ehe gibt und jeder fröhlich und jederzeit mit jedem ins Bett hüpft und sich überhaupt deftiger Ausdrücke bedient. Eine Prise Erotik kann einem Roman nicht schaden und in "Der Jäger" ist die sexuelle Aufgeschlossenheit der Opfer schon von Bedeutung, aber diese allumfassende stets bestehende Willligkeit insbesondere aller Frauen wirkt auf Dauer doch ein wenig billig, unglaubwürdig und lästig. Diesbezüglich ist gerade das Ende von "Der Jäger" sehr aufgesetzt und sogar ordinär.
Ein letzter Störfaktor sind die ständig wiederholten Details. Der Leser erfährt jeden Tag genau, was Julia Durant im Supermarkt kauft, bis hin zur Anzahl der Bananen und Flaschen Bier, er wird informiert, was jeden Tag im Briefkasten der Kommissarin zu finden ist, sei es Werbung oder eine Zeitschrift und jeder Handgriff von Durant wird ebenfalls beschrieben, sei es das Trinken des Bieres, das stets folgende leise Rülpsen, das Schmieren des Brotes etc. etc. Der Geschichte dient dies nicht und beim siebten Abend, an dem es bei der Kommissarin Salamibrote gibt, fragt man sich schon, warum man das immer wieder lesen muß.
Wären diese störenden Kleinigkeiten nicht, hätte "Der Jäger" problemlos fünf Sterne verdient. Allerdings fallen die negativen Punkte nicht so sehr ins Gewicht, daß sie das Lesevergnügen erheblich mindern. Ich habe das Buch mit konstantem Interesse und recht zügig durchgelesen.