Rezension

Gute Idee, leider zu vohersehbar

Ich soll nicht lügen - Sarah J. Naughton

Ich soll nicht lügen
von Sarah J. Naughton

Bewertet mit 3 Sternen

Mags' Bruder Abe ist vom Geländer seines Treppenhaus gestürzt. Nun liegt er im Koma. Hat er wirklich Selbstmord begangen wie seine Verlobte Jody behauptet oder steckt mehr dahinter? Die junge Anwältin Mags reist von Las Vegas nach London um den Fall aufzuklären.

 

Die Geschichte wird durch viele Perspektivwechsel erzählt. So erzählen sowohl Abes Schwester Mags, seine Verlobte Jody und seine Nachbarin Mira abwechselnd von ihren Erlebnissen nach dem vermeintlichen Unfall. Alle drei Charaktere haben dabei unterschiedliche Erzählstimmen.

Mags' Stil ist etwas nüchterner und kälter, auch wenn sich bei ihr auch immer wieder abzeichnet, dass hinter ihrer harten Schale sich ein weicher Kern verbirgt. Zudem sind ihre Passagen die spannendsten des gesamten Romans, da ihre Nachforschungen am stärksten die Geschichte vorantreiben

Jody schreibt sehr blumig und erzählt oft auch von ihren Erlebnissen mit Abe vor seinem Koma. Ihre Abschnitte scheinen geradewegs aus einem Kitschroman entsprungen zu sein und sind zu weilen sehr anstrengend zu lesen, weil sie nichts neues zu den Charakteren und der Handlung hinzufügen.

Miras Teile sind meistens nur sehr kurz und zurückhaltend, geben der Haupthandlung aber meistens einen neuen Impuls hinzu.

 

Zwischendurch wird immer wieder von der düsteren Vergangenheit eines Mädchens berichtet, dessen Identität erst relativ zum Schluss aufgelöst wird. Diese Abschnitte sind z.T. nichts für Menschen mit einem sehr sanften Gemüt, auch wenn manches nur angedeutet wird und nicht explizit beschrieben. Leider wird einem als Leser recht schnell klar, wessen Vergangenheit hier geschildert wird. Hier liegt liegt auch das Hauptproblem des Romans für mich: Viele Wendungen sind leider viel zu vorhersehbar. Oft läuft es so ab, dass ein Hinweis gegeben wird, mit dem einem als Zuschauer recht schnell klar wird, was dieser zu bedeuten hat. Dann passiert seitenweise für die Handlung manchmal nicht viel, sondern z.B. die Vergangenheit von Charakteren oder auch nur andere Handlungen von Charakteren werden beleuchtet. Dann erzählt meistens irgendjemand Mags, was ein Hinweis zu bedeuten hat. Dafür, dass sie als unglaublich gute Anwältin charakterisiert wird, hat sie verhältnismäßig wenige eigene Ideen, was Beweise bedeuten können, oder eine sehr lange Leitung. Dadurch dass viele Wendungen einfach zu vorhersehbar sind,können sie kaum noch überraschen. Das ist schade, weil sowohl die Grundidee hinter der Roman als auch der Schreibstil gut sind. Wer allerdings gerne einen Roman lesen will, der sich stark mit seinen Charakteren und weniger mit einem spannend erzählten Fall auseinandersetzt (und dabei leider vielleicht etwas zu sehr Klischees nutzt), dürfte Freude an „Ich soll nicht lügen haben“.