Rezension

Gute-Laune-Roman :)

Silver Linings - Matthew Quick

Silver Linings
von Matthew Quick

Bewertet mit 4 Sternen

Nachdem der Kinofilm „Silver Linings“ nach der Romanvorlage des amerikanischen Autors Matthew Quick bereits im Januar 2013 in den deutschen Kinos anlief und international äußerst erfolgreich war (diverse Oscar-Nominierungen, ein Golden Globe), ist der Roman dazu interessanterweise erst im März 2013 in Deutschland erschienen.Ich hatte den Film vorab nicht gesehen und habe mich somit komplett überraschen lassen.

Matthew Quick schreibt in diesem Roman aus der Sicht des 34-jährigen Pat Peoples, der nach mehreren Jahren Psychiatrieaufenthalt entlassen wird, vorerst in die Obhut der Eltern. Er selbst hat vergessen, warum und wie lange er an dem „bösen Ort“ war, wie Pat die Psychiatrie nur nennt. Durch eine weiterführende Therapie, die er regelmäßig besucht,  und durch viele andere Einflüsse in seinem „neuen“ Leben kommt Pat so nach und nach dahinter (erst zum Ende des Romans).  Sein einziges, großes Ziel: er möchte seine „Auszeit“ beenden, also ein „netter Mensch werden“, um dann (und nicht vorher!) seine Ehefrau Nikki zurück zu bekommen. Völlig besessen von diesem Gedanken tut er alles, um ihr schließlich (wieder) zu gefallen – ein extremes Trainingspensum gehört ebenso dazu wie sich darin zu üben, nett zu sein anstatt Recht zu haben (was er immer und immer wieder betont!). Er trifft auf die Schwägerin seines besten Freundes – Tiffany. Sie ist ebenso in einer psychisch schwierigen Phase, hat eine schlimme Zeit hinter sich und ist in therapeutischer Behandlung. Sie möchte Pat helfen, was anfangs jedoch äußerst schwierig ist, denn beide reden kaum ein Wort miteinander. Trotzdem sehen sie sich regelmäßig, und sei es nur zum Joggen. So nach und nach findet Pat in Tiffany jemanden, dem er sich anvertrauen kann, was ihm zu Hause schwer fällt mit seiner überbesorgten und überforderten Mutter und seinem ignoranten Vater, der ihn kaum beachtet. Trotzdem kommen sich die beiden nie zu nahe, denn Pat will ja Nikki zurück.

Dieser Roman ist etwas Leichtes und Amüsantes für zwischendurch – auf den ersten Blick! Er überrascht und besticht nämlich immer wieder mit besonders feinfühligen und tiefer gehenden Szenen, die einen erst einmal staunend und dann nachdenkend innehalten lassen. Die Schreibweise aus der Sicht des Protagonisten Pat ist sehr „kindlich“ – man findet darin eine große Naivität und Gutgläubigkeit dieses jungen Mannes, aber auch ganz viel Kraft,  Ausdauer, Ehrlichkeit und Liebe und eine große Portion Hoffnung Pats wieder: die „Silberstreifen am Horizont“. Pat war mir sofort sympathisch, so auch Tiffany in ihrer schrillen Art und auch die anderen Charaktere sind prima getroffen, besonders Pats Therapeut, sein Vater, die Mutter… Es war für mich erzählerisch prima - das perfekte Kopfkino! Sehr mitreißend noch dazu – ein Pageturner.

Ganz speziell war außerdem, dass Pat sämtliche Schulliteratur liest, die Nikki als Lehrerin im Deutschunterricht durchnimmt. Nur, um ihr dann zu imponieren. So werden, besonders zu Beginn des Romanes, Bücher wie „Der große Gatsby“ (Fitzgerald), „Der scharlachrote Buchstabe“ (Hawthorne), „In einem fernen Land“ (Hemingway) oder „Die Glasglocke“ (Plath) kurz aus der Sicht von Pat umrissen und bewertet. Das ergibt amüsante  Szenen, weil Pats Sichtweise so unglaublich ehrlich und impulsiv dargestellt wird. Hier allerdings besteht durchaus „Spoilergefahr“. Das gefiel mir dann wiederum nicht besonders, da ich das eine oder andere Buch selbst noch lesen möchte und nun schon „gut informiert“ bin. Schade.

Warum Pat immer von dem „schlimmen Ort“ spricht, wenn er die Psychiatrie erwähnt, wird nicht erklärt (Klischee?!). Ob er immer schon so „kindlich naiv“ war – also auch vor der Psychiatrie – wird nicht erklärt. Er war Lehrer, also kann ich es mir kaum vorstellen. Jedoch wird auf diesen Aspekt nicht genauer eingegangen. Hat das allein der Aufenthalt in der Psychiatrie bzw. das Trauma bewirkt? Ich weiß es nicht…

Fazit: Silver Linings ist ein kurzweiliger, amüsanter Roman, der durch viele feinfühlige, tiefer gehende Szenen besticht. Besonders liebevoll erzählt in einer sehr einfachen Sprache, macht der Roman einfach Spaß und fesselt bis zum Schluß. Einige inhaltliche „Lücken“, die „Spoilergefahr“ bei den beschriebenen Romanen und die Tatsache, dass ich eine poetischere Sprache doch bevorzuge, lassen mich letztlich einen Stern abziehen. Ansonsten: empfehlenswerter Gute-Laune-Roman!