Rezension

gute Umsetzung, jedoch nicht nachvollziehbarer Grund

Tote Mädchen lügen nicht - Jay Asher

Tote Mädchen lügen nicht
von Jay Asher

Bewertet mit 3.5 Sternen

Charaktere:
Hannah Baker ist eine Jugendliche, die sich umgebracht hat. Sie hat einen schwachen Charakter, jedoch auch ein starkes Mitteilungsbedürfnis, weshalb sie ihre Erlebnisse und die Gefühle dabei auf 13 Kassetten aufgenommen hat.
Clay ist ein Mitschüler von Hannah gewesen. Auch er erhält die Kassetten und hört sie während des gesamten Buches an.
Weiterhin treten noch andere Jugendliche auf, die ebenfalls die Kassetten erhalten haben bzw. werden.

Meine Meinung:
Clay erhält einen Karton mit 13 Kassetten und hört diese nacheinander an. Die aufgenommenen Gedanken von Hannah werden in dem Buch genauso wiedergegeben und kursiv gedruckt. Somit spricht sie nicht nur Clay sondern auch den Leser direkt an. Clays Gedanken und Taten werden dazwischen in normaler Schrift wiedergegeben. Jay Asher hat diese so gut mit Hannahs Erzählung abgestimmt, dass ich oftmals kaum bemerkt habe, dass sich die Schrift verändert hat. Die Gedanken von Clay zu Hannahs Empfindungen, Vorwürfen oder Fragen haben richtig gut gepasst.
Hannah hat jeder Person, die ihre Gefühle vor dem Selbstmord und damit auch ihn beeinflusst hat, eine Kassettenseite gewidmet. Darin schildert sie was sie mit dieser Person erlebt hat und wie sie sich dabei gefühlt hat. Auch ihre Meinung zu diesen Personen, hat sie darin aufgegriffen. Die 13 Kassetten werden an alle Personen auf diesen verschickt, d. h. jede Person auf der Kassette erfährt, was sie selbst und die anderen Hannah „angetan“ haben, sodass diese keinen anderen Ausweg als den Tod sah. Schade war, dass in dem Buch nie explizit erwähnt wurde, in welchem Zeitraum diese Geschehnisse stattfanden. Hat Hannah das alles gespickt über Jahre hinweg aushalten müssen, oder hat sich dies alles in einem Monat summiert?
Irgendwann im Laufe des Buches hat sich natürlich die Frage gestellt, ob diese 13 Personen nicht bemerkt hätten, dass es Hannah so schlecht geht, dass sie keinen Ausweg außer einem Selbstmord sah. Es wurde gezeigt, dass die betroffenen Charaktere Hannahs Empfindungen ignoriert haben, weil sie Hannah nicht enger kannten, oder schlichtweg nicht wahrgenommen haben. Es wurde aber auch erwähnt, dass die Schüler ihrer Klasse mal eine Liste über fünf Anzeichen vor einem Selbstmord erhalten haben. Darin stand unter anderem, dass die Veränderung von Äußerem ein Vorbote für einen Selbstmord wäre. Hannah hat sich die Haare schneiden lassen und sich gefragt, warum das keinem Mitschüler oder ihren Lehrern auffällt und sie diese Botschaft nicht wahrnehmen würden. Ich mag diese Liste gar nicht anzweifeln, jedoch finde ich die Veränderung der Haare ein schlechtes Beispiel dafür - denn, wie oft verändern wir unsere Frisur?
Der Schreibstil von Jay Asher hat die Situation sehr gut umgesetzt. Clays Empfindungen, als er die Kassetten gehört hat, waren immer sehr realistisch und nachvollziehbar. Z. B. dass er sich immer gefragt hat, was er Hannah angetan hat und warum ihm eine Kassettenseite gewidmet ist, dass er nie aufhören konnte die Kassetten zu hören und sie deshalb an einem Tag alle angehört hat und dass er Hannah manchmal nicht verstanden und ihr traurig seine Meinung zu der jeweiligen Situation mitgeteilt hat, obwohl sie das gar nicht mehr hören konnte.
Die Geschichte hat mich leider nicht in sich reingezogen und mich gefangen genommen, wie andere. Ich hab das Buch Wort für Wort gelesen, aber es hat mich einfach nicht erreicht. Die Geschichte ist zwar traurig, aber richtig berührt hat sie mich nicht. Unter anderem, weil ich einfach nicht verstanden haben, warum Hannah sich umbringt. Klar, das was sie erlebt ist echt heftig und auch schwer zu ertragen. Aber so krass, dass man sich das Leben nehmen müsste, ist es aus meiner Sicht dann doch nicht. Ich finde das ziemlich heftig, was sich Jugendliche an den amerikanischen High-Schools gegenseitig antun, vor allem Mobbing setzt den Opfern enorm zu. Dass Hannah dadurch runtergezogen wird und auch mal an Selbstmord denkt, ist deshalb nur verständlich. Dass man aus lauter Verzweiflung sich noch etwas anderes negatives antut bzw. wie in Hannahs Fall antun lässt, kann ich auch nachvollziehen. Irgendwann ist die Situation beschissen genug (sorry), dass man einfach noch mehr Negatives fühlen möchte, weil das eine Lappalie im Gegensatz zu den Problemen ist, die man hat – hab ich selbst sogar schon erlebt. Aber das, was sich Hannah antun lässt, ist keine Lappalie mehr sondern extrem verletzend, weshalb ich ihr Verhalten in der Situation nicht verstehen konnte. Auch wenn das jetzt zu direkt ist, aber da ist man dann auch einfach nur noch selbst schuld, sorry Hannah. Außerdem war sie doch in einen Jungen verliebt und er sogar in sie, aber sie hat ihn einfach nicht an sich rangelassen. Wieso eigentlich? Sie hätte dadurch den Mut fassen können alles hinter sich zu lassen und sich der Liebe hingeben können. Die Liebe ist doch das Positivste das es gibt, oder? Das hätte Hannah doch sicher aus ihrer Depression raushelfen können.
 

Fazit:
Jay Asher lässt Hannah durch die Kassetten ihre eigene Geschichte erzählen, die wortwörtlich abgedruckt ist. Clay hört diese und bemüht sich den Grund für ihren Selbstmord zu begreifen und zu akzeptieren. Der Schreibstil und die Umsetzung ist Jay Asher super gelungen, die Situation vor Hannahs Selbstmord erklärt jedoch nicht ihre Tat.
3,5 von 5 Sternen