Rezension

Guter Start, aber fehlender Wow-Faktor

Private - Eine von euch - Kate Brian

Private - Eine von euch
von Kate Brian

Bewertet mit 3 Sternen

Inhalt

Für Reed wird ein Traum wahr, als sie einen Platz an der elitären Easton-Acadaemy erhält. Endlich ist sie unter Gleichgesinnten und wird intellektuell gefordert! Reed ist fest davon überzeugt, dass sie dort ihre Familienprobleme vergessen und ein zweites Zuhause finden wird. Doch es kommt alles ganz anders: Im Unterricht liegt sie weit zurück und ihre Mitschüler empfangen sie nicht gerade mit offenen Armen. Ihre einzige Möglichkeit, Anschluss zu finden, sind die Billings-Girls: die vier schönsten, angesehensten Mädchen der Schule. Doch hinter ihren schönen, glamourösen Fassaden verbergen sie dunkle Geheimnisse und sind nicht annähernd so liebreizend wie ihr Äußeres: Wenn Reed wirklich zu ihnen gehören will, muss sie ihre Loyalität beweisen. Reeds einziger Lichtblick ist der attraktive Thomas - aber der ist den Billings-Girls ein Dorn im Auge.

Meine Meinung

Auf den Beginn der "Private"-Reihe habe ich schon seit Monaten hingefiebert. Für mich klang es wie ein Mix aus "Gossip Girl", "Mean Girls" und einen Hauch "Pretty Little Liars" - alles Produktionen, die ich zur gegebenen Zeit überaus gern geschaut habe und es jetzt gelegentlich auch noch tue. Entsprechend hoch waren auch meine Erwartungen. Den Anfang fand ich absolut gelungen: Kate Brian führt den Leser langsam zum eigentlichen Geschehen hin und macht ihn bzw. sie mit der Protagonistin Reed und ihrer neuen Heimat vertraut. Im Verlauf des Romans bin ich aber auf zwei essenzielle Probleme gestoßen.
Problem Nr. 1: Die Handlung hat mich nicht mitgerissen. Basierend auf dem Klappentext, speziell den erwähnten dunklen Geheimnissen, hatte ich mir das Ganze deutlich spannender vorgestellt. Vielleicht kam es nur mir so vor, aber die Story hat nicht richtig Fahrt aufgenommen. Es gibt zwar immer wieder neue Konflikte für Reed zu bewältigen, aber an keiner dieser "Baustellen" wird vernünftig gearbeitet. Soll heißen: Entweder ist der Konflikt rasch bewältigt oder er wird nicht in dem Umfang ausgeführt, wie er es erfordern würde. Speziell was Reeds familiären Hintergrund betrifft, hätte ich mir deutlich mehr Input gewünscht. Gut, es handelt sich um den Auftakt einer Reihe, daher kann (und sollte) man als Schriftsteller/in hier nicht sein ganzes Pulver evrschießen. Trotzdem fehlte mir hier ein ums andere Mal ein dramatischer Höhepunkt.
Problem Nr. 2: Ich konnte mit keinem der Charaktere etwas anfangen, weder mit den Billings-Girls noch mit Constance, Missy & Co. aus Reeds eigenem Trakt und auch nicht mit Thomas. Sie waren entweder unnahbar oder undurchschaubar. Warum? Ganz einfach: Außer zu ihrem (wirklich gut und teilweise wortgewandt beschriebenem) Äußeren erfährt man kaum etwas über sie. Bei den Billings-Girls verstehe ich das zum Teil sogar, da es Teil ihrer mysteriösen (und damit für Reed so faszinierenden) Aura ist. Bei ihren Mitbewohnerinnen kann ich es mir nur damit erklären, dass Reed einfach kein Interesse an ihnen hat, weil sie so auf die Billings-Girls fixiert ist. Über Thomas erfährt man zumindest Grundlegendes. Allerdings gingen mir bei deren Beziehung die Entwicklungen etwas zu rasant vonstatten. Außerdem war ich mir bei ihm immer unsicher, ob man ihm trauen konnte bzw. er es ernst meint. Insgesamt kommen sie alle für mich nicht über den Status eines Statisten hinaus. Die einzige Ausnahme bildet Reed, über die man als Protagnostin deutlich mehr erfährt als über jede andere Person. Dennoch war sie diejenige, die ich am wenigsten verstehen konnte, weil sie einfach so widersprüchlich war. Sie ist weder dumm noch mangelt es ihr an Mumm oder einer klaren Meinung zu gewissen Dingen. Gerade diese Attribute werfen bei mir unweigerlich die Frage auf, warum in Gottes Namen Reed unbedingt zu den Billings-Girls gehören will und dafür alle anderen links liegen lässt. Sie selbst ist der Meinung, dass Noelle, Ariana und Taylor sie nicht besonders nett behandeln, und doch hat sie nahezu nichts anderes im Kopf, als Teil der Gruppe zu werden. Sind die vermeintliche Bewunderung und Ehrfurcht, die man als Mitglied der Clique entgegengebracht bekommt, wirklich mehr wert als echte Verbundenheit? Von meiner Seite ein klares Nein! Meiner Meinung nach muss man schon eine masochistische Ader haben, um sich "Freunde" zu suchen, die einen mehr schikanieren als den Rücken zu stärken. Wer möchte denn einen Freundeskreis haben, in dem man sich nicht wohl fühlt? Kurz und bündig: Reeds Verhalten war mir einfach schleierhaft.
Man kann sich nun fragen, warum ich denn nun weitergelesen habe. Zum einen, weil ja immer die Möglichkeit bestand, dass sich tatsächlich etwas Aufregendes ereignet. Zum anderen ist man auch ruck, zuck mit dem ersten Band durch. Trotz der genannten Probleme zieht sich der Roman nämlich glücklicherweise nicht wie Kaugummi, was zu einem kleinen Teil an den recht kurzen Kapiteln liegt und zu einem wesentlich größeren Teil an der Narration. Kate Brian geht den - für mein Dafürhalten angenehmen - goldenen Mittelweg: nicht zu blumig, nicht zu nüchtern, nicht zu detailliert und nicht zu abstrakt. Es gibt keine Stolpersteine, die einen aus dem Leserhythmus bringen, oder Formulierungen, die einem komisch vorkommen, und man kann der Handlung sehr gut folgen. Es bildet sich beim Lesen kein Knoten im Hirn wie bei komplexeren Stilen à la Kazuo Ishiguro. Darüber hinaus finde ich, dass sie das innere Chaos einer Jugendlichen authentisch eingefangen hat. Rein sprachlich also eine gelungene Arbeit der Autorin und des Lektorats. Das reicht aber leider letztlich für mich nicht dafür aus, auch dem Folgeband eine Chance zu geben.

Mein Fazit

Rein sprachlich kann ich an "Private - Eine von euch" nicht herummeckern: Kate Brians Geschichte lässt sich flüssig und angenehm lesen - ohne Frage. Probleme hatte ich allerdings mit dem Inhalt. Bei mir wollte weder ein Spannungsgefühl aufkommen noch hatte ich genug Möglichkeiten, bei den Figuren "anzudocken", da es den meisten an einer umfassenderen Charakterisierung fehlte. Dadurch war es mir nicht möglich, mich richtig auf die Geschichte einzulassen. Wenngleich mir die grobe Richtung gefällt, in die die Story verläuft, werde ich die Reihe wohl nicht weiterverfolgen.

Rezension auf Buntes Tintenfässchen