Rezension

Guter Tipp

Bevor wir verschwinden - David Fuchs

Bevor wir verschwinden
von David Fuchs

Bewertet mit 4 Sternen

Ambros hätte gerne eine Maschine. Eine Maschine, sagt er, in die ich mich jeden Tag legen kann, die mich gesund hält. Also die alle Krankheiten wegmacht, wenn sie noch klein sind. Ich wäre unsterblich, sagt er. [...] Wir wären ein guten Team, sage ich. Du hättest deine Maschine und ich könnte die Zeit anhalten, wenn irgendein Unfall passiert, und dich retten.  

Worum es geht: 

Benjamin will eigentlich nur in Ruhe sein Praktikum abschliessen und Nachts an seinem Schweineprojekt arbeiten. Als angehender Arzt schliesst er sein Praktikum auf der Krebsstation ab und begenet so manch skurriler Figur. Sein Oberarzt Dr. Pompe und Ed, die Krankenschwester sind da keine Aussnahme. Doch gleich zu Beginn soll er sich um einen Patienten kümmern, bei welchem es ihm am schwersten fällt. Seine grosse Jugendliebe Ambros Wegener ist im Endstadium, und für Benjamin gibt es nichts mehr zu tun, als für Ambros da zu sein. 

Meine Meinung: 

Dieses Debüt des Onkologen David Fuchs war 2018 für den Österreichischen Buchpreis nominiert. Dass er weiss, wovon er schreibt, wurde auf jeder Seite deutlich. Selten hat mich ein "Arztroman" so fasziniert. Auch den Stil mochte ich sehr gerne. In meinen ausgewählten Zitaten kann man erahnen wie Fuchs mit der Sprache umgeht. Für mich kam es einem Fluss gleich. Ben lässt sich selten aus der Ruhe bringen, teilweise lakonisch durchgeht er seine Aufgaben. Doch dann diese Details, die zeigen, wie er leidet. 
Ambros wird sterben, alle wissen es und doch fragt man sich "Weiss Ambros es auch?" Ben fragt sogar den Chefarzt, ob es Ambros mitgeteilt wurde. Der beschäftigt sich nämlich lieber mit seinem Fotoprojekt. Über das verschwinden handelt von dem schmerzlichen Moment jemanden zu verlieren und wie man festhalten kann. Ambros macht Fotos. Ben erinnert sich lieber an die Jugend und wie er und Ambros ein Paar wurden. 
Teilweise humoristisch, öfters nachdenklich, wurde die Geschichte nie dramatisch. Kein Kitsch. Dafür fehlten mir aber auch ein paar Gefühle. Wirklich nah kam ich dem Prozess der Trauer leider nicht. 

Ambros, sage ich, warum überhaupt Menschen fotografieren? Weil es ihnen, sagt er, weniger weh tut, wenn es ein Foto gibt. Das Verschwinden tut dann weniger weh.