Rezension

Hab' wohl zu viel erwartet

Love Letters to the Dead
von Ava Dellaira

>>Laurels Welt ist zusammengebrochen: Nach dem Tod ihrer Schwester May, welche gleichzeitig ihr Vorbild war, läuft nichts mehr wie es war. Ihre Mutter zieht weit weg und Laurel muss nun abwechselnd bei ihrem Vater und ihrer Tante wohnen. Zum neuen Schuljahr erhält sie im Englischunterricht schließlich die Aufgabe, einen Brief an eine verstorbene Persönlichkeit zu schreiben. Aus einem Brief werden immer mehr und somit setzt endlich der Trauerprozess ein, welcher dem Leser viele Geheimnisse offenbart. <<

Das Cover, der Klappentext, sowie die vielen positiven Meinungen zu diesem Buch, haben es mich prompt kaufen lassen. Ich habe viel erwartet, vielleicht einfach zu viel, wie sich am Ende des Buches rausstellte.

Die Geschichte ist durchaus interessant. Vor allem zum Ende hin habe ich mich immer wieder gefragt, wodurch May verstorben ist, was mit Laurels Schwarm und ihren Freunden los ist und ob sie es schaffen wird, endlich über Mays Tod hinweg zukommen. Doch gerade zu Anfang wird kaum Spannung aufgebaut, so das ich mich durch die ersten 200 Seiten quälen musste. Dazu muss ich dann fairerweise sagen, dass dafür das Ende wesentlich spannender wurde und mich zumindest zeitweise gefesselt hat.

Laurel lernt man in den ersten Briefen kaum kennen, da es sich vor allem um May dreht. Wie sie war, wie sie sich gekleidet hat, wie sie ihre Familie zusammen gehalten hat, usw. Erst nach und nach erkämpft sich Laurel etwas mehr Platz in ihren eigenen Briefen, die meiner Meinung nach alle sehr kindlich geschrieben sind. Zwar ist sie erst 15 Jahre alt, trotzdem hätte ich etwas mehr erwartet. Etwas mehr Wortgewalt und etwas mehr Tiefe. Doch sucht man dies leider vergebens.

Laurel ist ein sehr passiver Charakter, die in meinen Augen auch nicht ganz stimmig wirkt. Sie hält May quasi für eine Göttin, für perfekt und unfehlbar, wobei sie dies genauso wenig war, wie jeder andere Mensch auch. Gerade im letzten Teil des Buches kommt dies zu stande und ließ mich fragen, wieso Laurel so wenig Wut auf ihre Schwester verspürt. Allerdings kann man hier vielleicht noch damit argumentieren, dass May eben tot ist. Und über Tote spricht man nicht schlecht, schnell werden alle Fehler vergessen und sie glorifiziert- ganz gleich ob dies den Tatsachen entspricht oder nicht.
Die Hauptperson macht einfach überall mit und scheint hierbei nur wenig nachzudenken, was dies für Konsequenzen haben könnte.
Auch wirkt es komisch, wie vergleichsweise psychisch gesund sie ist, obwohl sie einige Sachen erleben musste, mit denen eigentlich kein Mensch so leicht fertig wird. Anfänglich kamen nur Schuldgefühle bezüglich Mays Tod auf, alles andere wurde weg gelassen, was sehr unnatürlich wirkt.
Ihr Schwarm Sky, sowie ihre Freunde wirken etwas lebendiger und sind dadurch wesentlich interessanter. Zwischenzeitlich habe ich mir gewünscht, mehr Lesezeit mit Sky, Natalie und den anderen zu verbringen und dafür Laurel und ihre Familie etwas mehr zurück zustellen.
Doch auch wenn ich Sky interessant fand, wirkten die Beziehungen zwischen den Personen wie auch der Schreibstil sehr kindlich. Mit 15 ist man lange nicht erwachsen, steckt mitten in der Pubertät, doch trotzdem waren die Beziehungen teilweise ziemlich oberflächlich und schnelllebend. So kamen Sky und Laurel bereits nach ca. drei Treffen zusammen und hingen sich in den Armen. Auch die Probleme der Charaktere werden untereinander sehr komisch behandelt, wodurch mich die Charaktere zeitweise eher an Grundschulkinder und nicht an Herwanwachsende erinnerten.

Fazit:
Die Geschichte ist durchaus interessant, ebenso einige der Charaktere. Doch gerade die Hauptperson ist viel zu unscheinbar und passiv. Der Anfang des Buches, sowie der gesamte Schreibstil lassen bei mir leider zu wünschen übrig.
Gerade weil ich mich sehr auf das Buch gefreut hatte, bin ich nun umso mehr enttäuscht. Ich hätte mir im allgemein etwas mehr Tiefgang, realistische Charaktere/Handlungsweisen und einen erwachseneren Schreibstil gewünscht.