Rezension

Hadley Hemingway – Biografie zwischen Fakten und Fiktion

Madame Hemingway - Paula McLain

Madame Hemingway
von Paula McLain

Bewertet mit 3.5 Sternen

Hadley Richardson aus St. Louis ist bereits 28 Jahre alt, als sie von ihrer Freundin Kate im Herbst 1920 nach Chicago eingeladen wird. Bisher hatte sie ihre Mutter gepflegt, jetzt trifft sie auf eine andere Welt, auf eine Welt der Sorglosigkeit und des Vergnügens – und auf den 20jährigen Ernest Hemingway. Beide sind sich gleich sympathisch und merken sofort, dass sie füreinander bestimmt sind. Ein reger Briefwechsel zwischen Chicago und St. Louis entsteht, ein Heiratsantrag folgt und ein Jahr später wird geheiratet. Das junge Paar zieht nach Paris wo Ernest hofft, seinem Traum als Schriftsteller näher zu kommen. Es ist das Paris der turbulenten goldenen Zwanziger, die Zeit des Wandels, der Bohème und der freien Liebe. Die amerikanische Bourgeoisie der Dichter und Denker trifft sich bei Gertrude Stein, nächtelang wird gefeiert, geredet und getrunken, viel getrunken und Beziehungen geknüpft. Keine leichte Zeit für Hadley, die das einfache Leben bevorzugt. Dennoch hält sie treu zu Ernest, erträgt geduldig seine Launen und ermutigt ihn immer wieder zum Schreiben. Einen ernsten Riss erhält ihre Beziehung, als ihr, infolge ihrer eigenen Unachtsamkeit, Hemingways sämtliche bisher geschriebenen Manuskripte gestohlen werden. Auch die Geburt ihres Sohnes Jack, den sie Bumby nennen, kann die Beziehung nicht mehr verbessern, denn ein Kind passt nicht in seine Zukunftspläne. Als Hemingway sich dann in Hadleys Freundin Pauline Pfeiffer verliebt und in eine Dreierbeziehung mit den Frauen eingehen will, widersetzt sich Hadley zum ersten Mal seinen Plänen. Es kommt zur Scheidung … 

Mit Ihrem Roman „The Paris Wife“ (Madame Hemingway), der in 34 Sprachen übersetzt wurde, gelang der US-amerikanischen Schriftstellerin Paula McLain sofort der Sprung auf die Bestsellerliste der New York Times. McLain wurde 1965 in Fresno/Californien geboren und lebt heute mit ihrer Familie in Cleveland/Ohio.

Der Roman ist eine Mischung zwischen historischen Tatsachen und fiktiven Szenen. Am Ende des Buches erläutert die Autorin, wie sie an ihr Wissen kam und gibt auch die Quellen dazu an. Bisher wurde die erste Ehefrau Hemingways in diversen Publikationen meist nur am Rande erwähnt, hier bekommt sie den ihr gebührenden Rahmen, bekommt eine eigene Stimme. Hadley war es, die den vom Kriegseinsatz im I. Weltkrieg traumatisierten jungen Mann wieder erdete, unerschütterlich zu ihm stand, ihm Liebe schenkte und ihm das Vertrauen in sein Können zurück gab. Es ist sehr fraglich, ob er ohne seine erste Ehefrau Hadley das geworden wäre was er letztendlich wurde, ein berühmter Schriftsteller.

Dass er in dem Buch nicht besonders gut wegkommt, versteht sich beinahe von selbst. Wenn man der Autorin und den von ihr recherchierten Zeitzeugen glauben darf, dann war der spätere Literaturnobelpreisträger ein selbstsüchtiger egoistischer Macho, besessen von seiner Arbeit. Auf seinem Weg nach oben waren Freunde nur so lange interessant, solange sie ihm nützlich sein konnten, danach beendete er meist die Kontakte. Obwohl bekannt ist, wie die Ehe zwischen Hadley und Ernest endete, überrascht doch die allmähliche, beinahe unmerkliche Zerrüttung, das Ende einer zunächst unerschütterlichen Liebe. Dass Hemingway jedoch eine ganz andere Erinnerung an die Pariser Zeit hatte, ist in seinem Buch „Paris, ein Fest fürs Leben“, das zwischen 1957 und 1960 entstanden und postum 1964 erschienen ist, nachzulesen.

Fazit: Eine interessante fiktive Biografie über Hemingways erste Ehefrau, die sich trotz einiger Längen zügig lesen lässt.