Rezension

Hände weg vom Goldschatz

Goldschatz - Ingrid Noll

Goldschatz
von Ingrid Noll

Bewertet mit 2.5 Sternen

Seit einiger Zeit glaube ich, dass mich das Universum ab und an belohnt. Immer dann wenn ich eine anstrengende Zeit hatte und darin einen ganz besonders miesen Tag, finde ich Geld auf der Straße. Und ich rede nicht von Cent-Beträgen. Meist sind es Scheine, manchmal sogar mehrere auf einmal. Mir ist das schon fast ein bisschen unheimlich. Und ich habe auch immer ein schlechtes Gewissen, weil da jemand anderes sein Geld für verlieren musste. Aber ich nehme es dennoch dankbar an und fühle mich so daran erinnert, dass man eben manchmal durch ein regnerisches Tal gehen muss, um den nächsten sonnigen Gipfel in Angriff zu nehmen. Diese Art der Kalendersprüche leiten auch direkt zum Roman von Ingrid Noll über. Auf seinem Grundstück einen echten Schatz in scheinbar unnützen, wertlosen Sachen zu finden, genau dann, wenn man es braucht, um zum Beispiel das Drumherum zu retten, könnte man sicher auch als eine Universum-Belohnungssache ansehen. Zumindest muss man diesen Grundgedanken den jungen Menschen in Nolls Roman Goldschatz anfänglich zugute halten. Die unverhofft gefundenen Goldmünzen in Tante Emmas Milchkanne sollen für die Renovierung und Modernisierung des geerbten Hauses herhalten - käme dann nicht der Nachbar, das Jungsein, die Nerven, das Verliebtsein und noch so manch andere Kleinigkeit dazwischen. Ich bin ehrlich. Der Roman hat mich nicht vom Hocker gerissen. Ich fand ihn sogar ganz schön dröge. Es hat sich ein bisschen so gelesen, wie das geheime Tagebuch einer verwöhnten Tochter aus gutsituiertem Hause, die sich zum ersten Mal in ihrem Leben versucht für eine gute Sache zu engagieren – vor allem um dem Gutmensch-Freund damit zu imponieren – und nun verwundert aufzählt, wie anstrengend so ein Gemeinschaftsprojekt sein kann.

Dass Charaktere in einem Roman nicht immer sympathisch sind, damit kann ich gut leben. Aber mit farblosen Stereotypen habe ich so meine Probleme. Klar kann man versuchen selbst eine Menge in diese fünf jungen Leute hinein zu interpretieren oder psychologisieren, aber in meinen Augen hat die Autorin hier kein Gespür für ihre Figuren gezeigt und es sich im Erzählen etwas zu leicht gemacht. Sie würfelt einfach ein paar junge Studenten (vermeintlich) von heute zusammen, kramt ein bisschen in der Klischeeschublade, erfindet einen schrägen, übergriffigen alten Nachbarn, lässt im Garten ein Skelett ausbuddeln und am Ende das Wir-sind-eine-alternative-WG-Ding gegen die Wand fahren, weil ...ja, warum eigentlich? Was will sie mir mit ihrer Geschichte sagen? Die Jugend heutzutage ist unfähig steinige Wege zu gehen, sich für eine Sache richtig zu engagieren, auch wenn es schwierig wird? Nur mit sich, der Liebe und dem eigenen Fortkommen beschäftigt? Das ist ja wohl nichts Neues, das wissen wir seit Sokrates. Mir würden mindestens fünf verschiedene Richtungen einfallen, wie man aus diesem Setting ein spannende Story hätte machen können. Die, die ich gelesen habe, hatte leider keinen Mehrwert für mich und mich noch nicht mal gut unterhalten. Das ist schade, weil ich das bisher von Ingrid Noll Romanen nicht behaupten konnte.