Rezension

Hätte noch viel mehr vertieft werden können

Cleanland - Martin Schäuble

Cleanland
von Martin Schäuble

Bewertet mit 3.5 Sternen

Eine große Pandemie hat dazu geführt, dass die Menschen sich zu ihrer eigenen Sicherheit in Cleanland abschotten. Hier gelten die Regeln der GaR – die fünf Gesetze der absoluten Reinheit. Man verlässt seine Wohnung mit einem Protector, einem Anzug, der vor anderen Menschen und deren Viren und Bakterien abschirmen. Zur eigenen Sicherheit hat man nur noch Kontakt zu einer registrierten Kontaktperson, die Wohnung wird jede Nacht von so genannten Cleanern desinfiziert und vieles mehr. In dieser Welt lebt Schilo und sie hält sich an die GaR, alleine schon, weil ihre Mutter beim Ministerium für Reinheit arbeitet. Doch dann lernt sie den Cleaner Toko kennen und ihre registrierte Kontaktperson Samira gerät in Schwierigkeiten und Schilo beginnt nachzudenken.

Meine Meinung

Ich muss mich erst einmal ein wenig sammeln, um meine Gedanken zu diesem Buch zusammenzubekommen, denn im Grunde hat Martin Schäuble hier konsequent weitergedacht, wie es wäre, wenn Menschen für ihre Sicherheit ihre Freitheiten aufgeben würden. Der Autor schreibt sehr mitreißend und spannend und die gesamten Ideen rund um die absolute Reinheit fand ich nicht nur spannend und interessant, sondern auch absolut erschreckend. Ich konnte Cleanland direkt vor mir sehen und hatte bei so manch einer Aussage Gänsehaut, allein der Gruss – Achte die GaR und die Erwiederung: Bleiben sie gesund stimmten mich schon nachdenklich.
Insgesamt fand ich das Thema richtig spannend und auch super umgesetzt, allerdings kratzt Martin Schäuble leider nur an der Oberfläche. Diese wirklich guten Ideen hätten noch in alle möglichen Richtungen ausgeholt und intensiviert werden können. Vor allem was die Charaktere, aber auch das Gegenteil von Cleanland, die Sicklands angeht, hätte ich mir hier viel mehr gewünscht. Hier bleibt auf jeden Fall vieles meiner eigenen Fantasie überlassen und ich hätte gerne vieles mehr noch in Erfahrung gebracht.
Nichtsdestotrotz fand ich die Geschichte rund um Schilo von der ersten Seite an spannend und ich bleibe auch selber, wie so oft in letzter Zeit, mit der Frage zurück, inwieweit der Mensch wirklich in der Lage wäre, seine Freiheit für seine Sicherheit aufzugeben. So ein Leben, wie es hier beschrieben wird, möchte ich mir nicht einmal ansatzweise vorstellen müssen.
Schilo ist die Protagonistin und Ich-Erzählerin der Geschichte und sie war noch ein kleines Kind, bevor die Pandemie die Menschen dazu brachte, sich wie in Cleanland zu verhalten. Für sie ist es völlig normal, vor dem Betreten einer Wohnung desinfiziert zu werden und sich in Quarantäne zu begeben, wenn ihr Sicherheitsanzug, ihr Protector, einen Riss am Knie hat. Ich habe häufig entsetzt den Kopf geschüttelt, wenn ich ihr roboterartiges Leben betrachtet habe, doch für Schilo ist es so richtig, sie kennt es einfach nicht anders. Samira, ihre registrierte Kontaktperson, wächst ein bisschen anders auf, leider bleibt sie hier, wie auch der Rest der Charaktere, zu oberflächlich. Über Samira und ihre Gedanken hätte ich gerne mehr erfahren, genauso über Schilos Oma und über Toko. Sie tauchen als Nebencharaktere auf, bleiben aber sehr farblos und ich konnte mich nicht in sie versetzen.

Mein Fazit

Mit seinem Schreibstil und mit seinen, teilweise wirklich erschreckenden Ideen, konnte mich Martin Schäuble durchaus packen und überzeugen, leider bleibt das gesamte Thema drumherum zu oberflächlich, was ich sehr schade finde. Für mich hätte der Autor auch den Nebencharakteren mehr Leben geben müssen, genauso wie dem Gegenpart zu Cleanland, den Sicklands. So bleibe ich doch mit so einigen Fragen zurück. Sehr kurzweilig und fesselnd und der Autor versetzt einen direkt in die Cleanlands, doch drumherum bleibt mir zu vieles unausgesprochen.