Rezension

Han Kang - Die Vegetarierin

Die Vegetarierin
von Han Kang

Bewertet mit 4 Sternen

Kurzbeschreibung: 
Yeong-Hye und ihr Ehemann sind ganz gewöhnliche Leute. Er geht beflissen seinem Bürojob nach und hegt keinerlei Ambitionen. Sie ist eine zwar leidenschaftslose, aber pflichtbewusste Hausfrau. Die angenehme Eintönigkeit ihrer Ehe wird jäh gefährdet, als Yeong-Hye beschließt, sich fortan ausschließlich vegetarisch zu ernähren und alle tierischen Produkte aus dem Haushalt entfernt. »Ich hatte einen Traum«, so ihre einzige Erklärung. Ein kleiner Akt der Unabhängigkeit, aber ein fataler, denn in einem Land wie Südkorea, in dem strenge soziale Normen herrschen, gilt der Vegetarismus als subversiv. Doch damit nicht genug. Bald nimmt Yeong-Hyes passive Rebellion immer groteskere Ausmaße an. Sie, die niemals gerne einen BH getragen hat, fängt an, sich in der Öffentlichkeit zu entblößen und von einem Leben als Pflanze zu träumen. Bis sich ihre gesamte Familie gegen sie wendet. *Quelle*

Zur Autorin: 
Han Kang wurde in Gwangju, Südkorea, geboren. 1993 debütierte sie als Dichterin, ihr erster Roman erschien 1994. Für ihr literarisches Schreiben wurde sie mit dem Yi-Sang-Literaturpreis, den Today’s Young Artist Award und dem Manhae Literaturpreis ausgezeichnet. Derzeit lehrt sie kreatives Schreiben am Kulturinstitut Seoul.

Meinung: 
Da über diesen Roman recht kontroverse Meinungen vertreten werden und mich die Thematik interessiert hat, musste ich dieses Buch lesen, um mir selbst eine Meinung darüber bilden zu können. Die Geschichte spielt in Südkoreas Hauptstadt Seoul, setzt im Februar ein und verläuft mit Zeitsprüngen über drei Jahre. Die Idee, eine Frau zur Vegetarierin werden zu lassen, mag auf den ersten Blick nicht spektakulär erscheinen. Doch wie Han Kang dies in ihrem Roman umsetzt, ist regelrecht verstörend, denn alle agierenden Charaktere, nicht nur Yong-Hye, tragen gewisse Eigenarten mit sich herum, die allesamt irgendwann ausbrechen.

Die Südkoreanerin Yong-Hye ist seit fünf Jahren mit Chong verheiratet und Hausfrau. Ihr bisheriges Leben endet jäh, als sie aufgrund eines Traums beschließt, Vegetarierin zu werden. Yong-Hye ist ein stiller und zurückhaltender Charakter, bis sie aufhört, Fleisch zu essen. Danach fängt sie an, aufzubegehren und lässt sich in keinster Weise mehr etwas vorschreiben. Dadurch ändert sich ihr Leben völlig, aber auf eine tragische Art und Weise.

Ihr Ehemann Chong ist ein sehr bequemer Zeitgenosse, der einem Bürojob nachgeht und für den seine Ehefrau nur da sein muss, ohne ihr irgendwelche Abwechslung bieten zu müssen. Chong kommt recht unsympathisch daher, denn seine Frau hat er nur aufgrund ihrer Durchschnittlichkeit geheiratet und auch sonst mag er es, sich selbst keine Probleme zu schaffen und geht jeder Herausforderung aus dem Weg. Daher bricht für ihn eine Welt zusammen, als Yong-Hye auf einmal aus dem bisher beschaulichen und bequemen Ehealltag ausbricht.

Als Nebenfiguren agieren ausschließlich Familienangehörige. Vor allem Yong-Hyes Schwager (ein Videokünstler, der auf einmal ungeahnte sexuelle Obsessionen für seine Schwägerin entwickelt und sie für sein neuestes Kunstwerk gewinnen möchte) und ihre vier Jahre ältere Schwester In-Hye (sie kümmert sich trotz eines familiären Skandals am Ende um Yong-Hye) nehmen jeweils Schlüsselrollen ein.

Der Roman ist in drei Abschnitte unterteilt. Im 1., "Die Vegetarierin", erzählt Ehemann Chong aus der Ich-Perspektive, wie seine Frau zur Vegetarierin wurde und welche Konsequenzen dies auf ihr Zusammenleben hat. Ebenso berichtet Yong-Hye aus ihrer eigenen Sicht (in kursiver Schrift), die Einblick in ihre verstörenden Träume, die sie veranlassen, kein Fleisch mehr zu essen, gibt. Der 2. Abschnitt, "Der Mongolenfleck", erzählt von den vorerst heimlichen Gefühlen und Obsessionen von Yong-Hyes Schwager in der 3. Person. "Bäume in Flammen", der abschließende 3. Abschnitt, wird aus Sicht von In-Hye ebenfalls in der 3. Person erzählt, die sich am Schluss um ihre schwerkranke Schwester kümmert.

Han Kangs Roman bietet eine verstörende Geschichte, die aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt wird. Die Themen sind Selbstbestimmung, Träume, Unzufriedenheit in der Beziehung, aber auch unterdrückte Gefühle und Scham. Es bleibt dem Leser selbst überlassen, wie er für sich das Ende deutet, denn dieses wird recht offen gelassen. Han Kangs Schreibstil ist anspruchsvoll und driftet oftmals in poetische Bilder ab. Allerdings sind auch einige Passagen regelrecht abstoßend und vulgär, was zwar zur gesamten Geschichte passt, mir aber dann doch zuviel war.

Fazit: 
Mit Die Vegetarierin hat Han Kang einen durchaus kontroversen Roman zu Papier gebracht, der trotz seiner nur 190 Seiten bleibenden Eindruck hinterlässt. Zwar ist das Grundthema auf den ersten Blick simpel, aber es steckt viel mehr dahinter und die Geschichte um Yong-Hye vermag es, verschiedenste Gefühle hervorzurufen.