Rezension

Hat definitiv Lieblingsbuch-Potential

Das Lied der Nacht -

Das Lied der Nacht
von C. E. Bernard

Bewertet mit 4 Sternen

Dunkelheit beherrscht Erebu nun schon seit vielen Jahren. Weder Mond noch Sterne sind noch am Himmel zu sehen. Das Sprechen bei Nacht ist verboten und das Singen erst recht. Über Jahrzehnte genährt von Furcht und Angst erlangt die Dunkelheit eine Gestalt, Schatten, die erbarmungslos alles abschlachten, was sie finden können. Erebus einzige Hoffnung liegt bei einer kleinen Gruppe von Gefährten, die unterschiedlicher nicht sein könnten, und einem Lied, das zu singen mit dem Tod bestraft werden kann. Dem Lied der Nacht.

Der erste Eindruck

Zum Cover kann ich nicht viel mehr sagen, als dass ich es wunderschön finde und schon nur aus diesem Grund gerne den zweiten und dritten Band auch im Regal stehen haben möchte;)
Den Schreibstil finde ich persönlich sehr gewöhnungsbedürftig. Er ist poetisch und bildhaft, aber auch düster und grausam. Und vor allem nicht wirklich einfach. Es braucht schon eine gewisse Konzentration, die Geschichte zu lesen. Es gibt enorm viele Perspektivenwechsel, oftmals nicht durch ersichtliche Paragraphen abgetrennt, was gleichzeitig anstrengend ist, der Geschichte aber auch eine extreme Spannung verleiht.
Das Einzige, das mich tatsächlich etwas störte, war die Kapitellänge. Auf fast vierhundert Seiten finde ich zehn Kapitel doch zu wenig. Und es hätte viele Stellen gegeben, die sich meiner Meinung nach für eine kleine Pause und ein neues Kapitel geeignet hätten.
Dafür haben mir die kleinen Einschnitte, in denen uns die Geschichte wie von einer weiteren Person erzählt wurde, sehr gefallen.
Alles in allem hat die Geschichte für mich starke «Herr der Ringe»-Vibes abgegeben, und ich meine das eindeutig im positiven Sinne.

Die Geschichte

Die Handlung hat mir wirklich gefallen. Ich war von Anfang an gefesselt und wollte immer wissen, wie es weitergeht. Auch hier hat es mich etwas an «Herr der Ringe» erinnert, hatte aber trotzdem seinen eigenen Charakter. Der ganze Weltenaufbau und die Hintergründe waren äusserst eindrücklich beschrieben.
Der Gedanke, die Welt mit einem Lied zu retten war für mich etwas Neues und ich war ihr sehr angetan. Genauso die Idee der Sprachen. Dass man erlernen kann sowohl mit Tieren als auch Wasser, Feuer oder Steinen zu sprechen, hat mich überaus fasziniert.
Die Handlung war komplex und wirkte auf mich gut durchdacht mit einem liebevollen Blick fürs Detail.
Allein das Angehen der Liebesbeziehung zwischen Caer und Weyd konnte mich nicht ganz überzeugen. Momentan sehe ich die Beiden mehr als Geschwister als Liebende, aber das kann ja noch werden.

Figuren

Besonders gefallen hat mir, wie die Idee mit der «gefundenen Familie» umgesetzt wurde. Obwohl nicht blutsverwandt, waren die Gefährten ihre eigene Familie und so hatte auch jeder seine Rolle darin.
Weyd war dabei derjenige, den ich leider am wenigsten mochte. Er motzte sich immer zum Helden auf und machte einen auf «Ich muss die Welt allein retten», was mir besonders gegen Ende zusehends auf die Nerven ging.
Caer dagegen verehrte ich. Sie ist eine starke Frau, die sich von niemandem etwas sagen lässt, auch von Weyd nicht. Und die Art wie sie sowohl mit einer Oud als auch Wurfspeeren und anderen Waffen umgehen konnte, war absolut beeindruckend.
Bahr und Jori mochte ich beide von Anfang an. Jori ist ein komischer Kauz, den man einfach gernhaben muss und auch Bahr habe ich trotz ihrer oberflächlichen Mürrischkeit sofort ins Herz geschlossen.
Besonders gefiel mir, dass selbst die Tiere eine wichtige Rolle innehatten und nicht unterstellig, sondern den Menschen gleichgestellt betrachtet wurden, auch dadurch, dass sie sich mit Menschen verständigen konnten.
Die Erweiterung der Gefährten werde ich hier nicht weiter ausführen, schliesslich will ich niemanden spoilern. Nur so viel, jedes einzelne Mitglied lernte ich auf seine Art zu lieben. Und das, obwohl sie alle offensichtlich ihre Schwächen hatten, oder vielleicht sogar deswegen.
Mein einziges Problem lag bei Baron Lurin. Er war für mich zu offensichtlich böse. Ich persönlich bevorzuge doch eine gewisse Grauzone, auch bei Antagonisten.

Zitat

Die Geschichte ist so poetisch geschrieben, dass es so einige zitierwürdige Stellen gibt. Meine liebste war:

«Es gibt keine Ballade darüber, unterbrach Weyd sie und löste sich von seinem Platz an der Wand, weil es in dieser Geschichte keine Helden gibt.» (Es ist so herrlich tiefgründig und bringt einen ein wenig zum Nachdenken)

Fazit

Wortgewaltig und düster erzählt C. E. Bernard die packende Geschichte unserer Gefährten, die mich auch nach dem Lesen nicht mehr losgelassen hat. Eine grosse Empfehlung für alle High-Fantasy Fans. 5 von 5 Sternen!