Rezension

hat mich sehr enttäuscht und wütend gemacht

Das wirkliche Leben - Adeline Dieudonné

Das wirkliche Leben
von Adeline Dieudonné

Bewertet mit 2 Sternen

Ein kleines Mädchen lebt mit ihrem kleinen Bruder Gilles, einer stillen Mutter und dem gewalttätigen Vater in einer Reihenhaussiedlung. Die Erzählerin und ihr Bruder sind Zeuge einer Explosion, bei der der Eisverkäufer stirbt und danach ändert sich die Welt. Gilles wird immer verschlossener aber auch gehässig und brutal, er zieht sich in die Welt seines Vaters zurück, während das Mädchen sich mit Hilfe eines Lehrers der Physik zuwendet, damit sie irgendwann die Zeit zurück drehen und ihren Bruder zurück in das unschuldige Kind verwandeln kann, das er vor dem Unfall war.

Schon zu Beginn hat mich die sehr naive Erzählstimme nur wenig begeistert. Ich habe normalerweise nichts gegen kindliche Stimmen, aber hier hat es mich einfach nur aufgeregt. Auch die Figur der mittelmäßigen Schülerin, die aber eigentlich nur unterfordert ist in der Schule und dann mühelos komplizierteste physikalische Probleme versteht, hat für mich nicht ganz gepasst. Das was Adeline Dieudonné hier schildert ist sicherlich furchtbar und es gibt zahlreiche Familien in denen es wirklich so zugeht. Allerdings war mir die Sprache hier oft zu reißerisch und plakativ, das braucht es meiner Meinung nach nicht bei so einem Buch. Noch dazu konnte mir die Erzählstimme des Mädchens nur sehr wenig Emotionen entlocken.

Auch finde ich die Figuren nicht sehr gut herausgearbeitet und viele handeln unverantwortlich. Gerade bei solchen Themen, wie sie hier angesprochen werden, sollte das Buch auch etwas vermitteln finde ich, was es hier nicht tut, bzw. es wird das falsche vermittelt. Da wären die Bekannte, die das Mädchen in ihrer fixen Idee der Zeitreise bestärkt und sie dann bei mangelnder Hilfe enttäuscht - gib den Kindern eine Ablenkung, dann wird das schon? Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie nicht wusste, wie es zu Hause bei der Familie aussieht. Der Typ, der sie als Babysitterin engagiert, sie schamlos ausnutzt und dann am Ende ihr die Schuld gibt - auch hier nicht gerade ein Musterbeispiel an sozialer Kompetenz, das war tatsächlich die Sache, die mich am meisten berührt und sehr wütend gemacht hat. Und schließlich das Ende - hat mich furchtbar wütend gemacht mit dem, was es dem Leser vermittelt.

Für mich ist "Das wirkliche Leben" ein Buch mit einem wichtigen Thema, das viel zu oft totgeschwiegen wird, das aber in seiner Umsetzung leider gnadenlos scheitert.