Rezension

Hat mir super gut gefallen!

Tiger
von Polly Clark

Bewertet mit 5 Sternen

 Der Roman „Tiger“ handelt vom Schicksal der Amur-Tiger in der russischen Taiga. Es ist ein Roman mit sehr viel Gefühl, jedoch ohne Pathos, ein wunderschöner einfühlsamer Roman, der auf seine Weise ein Plädoyer für den Schutz der Artenvielfalt und der Tiere darstellt. Ich bin begeistert.  In vier Strängen schildert Polly Clark das Leben und das Schicksal von Luna, der Tigerin.

 Durch die Leben dreier sehr individueller Menschen erleben wir diese majestätischen, vom Aussterben bedrohten Raubkatzen. Wir fühlen mit ihnen und wir bewundern sie.  

Da ist einmal Frieda, die Biologin, die eigentlich das Verhalten der Bonobos untersucht und die aufgrund ihres besonderen Schicksals im „Torbet Zoological Park“ landet, wo man sie mit der Betreuung der Amur-Tiger betraut und wo sie auf Luna trifft. 

Da ist Tomas, der mit seinem Vater das Iwanowitsch-Reservat für Tiger in der kalten Taiga aufgebaut hat. Allerdings ist der Hintergrund von Vater und Sohn wenig ehrenhaft. 

Da ist Edit, die verziehen hat, aber dennoch mit ihrer Tochter fliehen muss und der die Begegnung mit dem Tiger alles abverlangt. 

Und dann ist da wieder Frieda, die nach Russland kommt und Tomas triff. So schließt sich der Kreis.  

Die Kritik: Dieses Buch ist spannend und sehr gut geschrieben. Es rückt die fremde Raubtierwelt ins Bewusstsein. Zeigt uns, wie weit der Mensch noch immer davon entfernt ist, Tiere zu respektieren. Und wie einzelne Menschen den Unterschied ausmachen könnten. Nebenbei erfährt man auch einiges aus dem Leben von wilden Tieren. Das wirkt nie aufgesetzt oder belehrend, weil die Informationen, die der Leser bekommt, homogen mit der Erzählung verschmelzen. Und hochinteressant sind.  

Dennoch schreibt die Autorin immer erst einmal von den Menschen aus, in das Leben ihrer besonderen Protagonisten baut sie das Schicksal der Amurtiger ein, 

„Tiger“ ist deshalb nicht in erster Linie ein Tierbuch und macht den Roman für jedermann lesbar. 

Das Plädoyer für die Tiere steht zwischen den Zeilen.  

Dabei taucht Polly Clark in ihrem Roman tief in ihre Figuren ein.

 Das einzige, wenn überhaupt, was zu kritisieren wäre, ist, dass man einmal zu oft emotional aus der Handlung und Identifikation herausgerissen wird, wenn die Autorin die Perspektive wieder einmal wechselt und zum nächsten Buch übergeht. Das ist jedes Mal wie eine kalte Dusche. Man möchte die Figur nicht verlassen, mit der man eins wurde! Dieses Herausgerissen werden verzeiht man einmal, auch zweimal, aber beim dritten Mal ist man unwillig.

 Ein Autor, der es vermag, seine Leser so tief in seine Personen hineinzuholen wie Polly Clark, muss sich nämlich fragen, wie oft der Leser dies neu zu leisten vermag oder ob der Autor durch zu viele Wechsel nicht leichtsinnig die emotionale Kraft des Lesers verbraucht und ihn damit enttäuscht, beziehungsweise zum gefühlsmäßigen Erlöschen bringt. 

Beim vierten Wechsel bindet die Autorin ihre Geschichte zu. Das muss sie. Sonst würde sie ausfransen.  Ein Twist weniger und das Buch wäre mehr als perfekt gewesen.  

Fazit: Eine wirklich wunderschön erzählte Tigergeschichte, in der die Protagonisten nicht zu viel und nicht zu wenig Gewicht bekommen haben. Eine besondere Geschichte mit exzellentem Unterhaltungswert.  

Kategorie: Exzellente Unterhaltung
Verlag: Eisele, 2020