Rezension

Hatte großes Potential, das leider nicht ausgeschöpft wurde

Andrin -

Andrin
von Martina Altschäfer

Bewertet mit 3.5 Sternen

(3,5 Sterne)

Meine Meinung

“Die überwältigende Geschmacksfülle flutete meine gesamte Mundhöhle und ließ in ihrer Intensität der Zunge kaum Raum, jene Wörter zu formen, die sich zu einer Frage nach dem Rezept zusammenfügen wollten. Als mir die Frage dann doch über die Lippen kam, erschien sie mir anmaßend und ich hätte sie gerne zurückgenommen, weil ich plötzlich unsicher war, ob denn eine solche Frage überhaupt gestattet war oder sich von selbst verbot, weil die Ingredienzen und die Zubereitung einer solch unglaublichen Suppe geheim gehalten werden mussten, wie das Mischungsverhältnis und das Zusammenrühren eines Zaubertranks.” (Buch Seite 81/82)

Hört sich das nicht traumhaft an? Ich habe diese Sätze gelesen und dachte nur “WOW”! Diese Autorin kann schreiben! Wir lernen erstmal die Protagonistin Susanne kennen und wie es dazu kam, dass sie sich auf die Reise machte. Eigentlich nach Italien, ins Feriendomizil ihres Verleges Jupp, bei dem sie als Ghostwriterin tätig ist. Ein kleiner Bestechungsversuch seinerseits, seiner besten Autorin das angenehmste Umfeld zu bieten, in dem sie sich in die Autobiografie des schweren Kunden gedanklich vertiefen und danach alles zu Papier bringen soll.

Doch Susanne kommt nie an, sie strandet in Vogelweh, einem kleinen Bergdorf in den Schweizer Alpen. Andrin, einer der beiden Bewohner von Vogelweh nimmt sie mit, als sie einen großen Fehler beging und dachte, sich alleine und zu Fuß bis zum nächsten Ort durchschlagen zu können.

Der titelgebende Adrin ist ein älterer Herr, der jedoch vor Kraft und Lebenswillen strotz! Ich war gespannt, was Susanne nun mitten in dieser Natur und mit diesen beiden Menschen, Andrin und seiner Ehefrau Uta, erleben würde.

Martina Altschäfer schafft es eine gewisse Spannung aufzubauen. In Vogelweh ist alles ein bisschen anders. Das Obst und Gemüse wächst als wäre es gedopt. Andrin ist schon ziemlich alt, doch erscheint er geistig und körperlich, als wäre er zwanzig Jahre jünger. Er restauriert die Häuser Vogelwehs, weil es ihm Spaß macht, er sonst nichts zu tun hätte oder gibt es da etwas, das Susanne noch nicht weiß? In Vogelweh scheint man von Wasser betrunken zu werden und was hat es damit auf sich, dass Uta fast jede Nacht in einem anderen Haus in Vogelweh übernachtet? Und die Steine, die den Koch schwer verletzt haben, waren es wirklich nur einfache Steine?

Klingt alles spannend, oder? Doch leider bekommt man von der Autorin auf die wenigsten Fragen eine echte Antwort. Viel Mystik und weiter nichts. Ich habe mich am Ende etwas verlassen gefühlt. Ich fragte mich, ob ich etwas überlesen hatte. Ich las und las und las und dachte, es kämen Aha-Erlebnisse, die mich begreifen und staunen lassen würden, doch dazu kam es leider nicht.

Es wird gebaut, es wird gegessen, so lecker, dass mir beim Lesen das Wasser im Munde zusammengelaufen war. Wir erfahren ein bisschen darüber, wie das Ehepaar nach Vogelweh kam und wie sich Susanne in ihren Überlegungen für die Autobiografie vertieft. Zu sehr, meiner Meinung nach. Nach dem ersten Drittel, das mich inhaltlich wie sprachlich sehr begeistern konnte, kam nach und nach die Entschäuschung.

So viel Potential, so wenig Handlung! Wirklich schade! Sehr schade! Denn ich bin sicher, daraus hätte eine so grandiose Geschichte werden können.

Fazit
Eine erst spannende Geschichte, die in Gänze nicht das halten konnte, was sie versprach. Ein Buch mit einer guten Idee, die mir leider ein bisschen zu oberflächlich blieb. Als Film würde das Buch aus meiner Sicht sehr gut funktionieren. Als Buch war es irgendwie zu langsam, ohne besondere Höhepunkte. Dennoch freue ich mich auf das nächste Buch der Autorin, denn erzählen und schreiben kann sie ausgezeichnet.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 30. September 2020 um 19:36

Wie schade!