Rezension

Hatte Potenzial

Meine verlorene Freundin -

Meine verlorene Freundin
von Milena Busquets

Bewertet mit 2 Sternen

Ich bin sehr zwiegespalten, denn ich finde, dass die Autorin sehr gut schreiben kann und viele gute Gedanken hat, jedoch fehlt es ihr an eine gute Handlung und Fokus.

 

Die Geschichte ist sehr schön und auch leicht geschrieben. Dadurch und auch durch die Länge war ich sehr schnell mit der Geschichte durch, was sie perfekt für zwischendurch macht. Auch hatte die Autorin manchmal schöne Gedanken, die einen zum Nachdenken angeregt haben. Jedoch hatte die Geschichte so viel ungenutztes Potenzial.

 

Zum einen fand ich, dass die Geschichte als was anderes verkauft wurde, als es ist. Durch den Satz "Doch keine scheint sich zu erinnern. Keine außer ihr selbst – oder bildet sie sich das alles nur ein?" scheint es eine spannungsgeladene und geheimnisvolle Geschichte zu werden, welche es jedoch nicht ist. Dadurch passen Cover und auch Titel der Geschichte nicht ganz, denn die verlorene Freundin ist gar nicht so im Fokus der Geschichte, wie man denken würde. Es geht vielmehr um die Protagonistin selbst.

 

Bei der Protagonistin hatte ich auch meine Schwierigkeiten, denn zum einen scheint sie eine selbstbewusste Frau zu sein, welche weiß, was sie will, auch wenn sie schon Mutter von zwei Kindern ist. Obwohl ihre Kinder noch bei ihr leben, bekommt man leider nicht viel mit von ihrer Beziehung mit ihren Kindern, da sie einen Teil der Geschichte bei ihren Vätern zu Besuch sind. Auch ihre Beziehung zu den zwei Vätern ihrer Kinder wird nur kurz erklärt, wodurch der Fokus eher auf ihrer Beziehung mit ihrem aktuellen Freund und ihren Freundinnen fällt.

Und da ist das Problem, denn durch diese Interaktionen scheint sie sehr unsympathisch. Viele ihrer Handlungen werden nicht erklärt, und auch wenn ihre Gedanken auftauchen, werden diese meist einfach so stehen gelassen und man wundert sich als Leser, was die Protagonistin will. Auch scheint sie eine sehr oberflächliche und Ich-Bezogene Person zu sein. Nur bei einer Szene wurde nachträglich ihr gemeiner Gedanke erklärt, jedoch mag man sie da schon nicht mehr.

Doch der Fokus der Geschichte soll (anscheinend) ihre Suche nach Erinnerungen ihrer Freundin Gema sein, jedoch ist der ausmaß ihrer Obsession unverständlich, besonders wenn man bedenkt, dass es sie so sehr einnimmt, dass sie ihre Arbeit nicht rechtzeitig fertigstellen kann.

 

Andere Charaktere kommen nur kurz vor und werden dem Leser nur durch die Protagonistin vorgestellt, wodurch man sich außer zur Protagonistin selber nicht wirklich eine Meinung zu den anderen Charakteren bilden kann, was ich sehr schade fand, denn die Charaktere schienen sehr interessant zu sein. Zudem hätte der Geschichte mehr richtige Interaktionen mit anderen Charakteren guttun können, denn auch wenn sie auf andere Charaktere traf, lag der Fokus mehr auf ihre Gedanken und Gefühle.

 

Ein weiterer Punkt ist, dass ich das Gefühl hatte, zwei unfertige Bücher zu lesen. Zum einen die Geschichte einer Frau, die sich mit dem Tod ihrer damaligen Freundin beschäftigt, um auf diese Weise mit Verlust von geliebten Menschen, aber auch von Erinnerungen zurechtzukommen und zum anderen die Geschichte einer alleinerziehenden Mutter zweier Kinder, welche auf der Suche nach Liebe zu sein scheint, aber dann wiederum auch nicht. Es werden auch viele Szenen erzählt ohne erkennlichen Grund und werden auch im weiteren Verlauf der Geschichte nicht mehr erwähnt. Aber zugleich fehlen dem Buch andere Szenen und mehr Gedanken und Gefühle der Protagonistin.

Dadurch wirkt das Buch am Ende nichtssagend, obwohl ich finde, das es sehr wohl was aussagt, jedoch fällt es einem schwer, die Kernaussage der Geschichte zu fassen. Deswegen finde ich, dass das Buch Potenzial hatte, welches leider nicht genutzt wurde. Jedoch hilft es, dass am Ende zumindest ein guter Abschluss zur Geschichte gefunden wird.

 

Alles in allem ein Buch, das man lesen kann, besonders durch ihre Kürze. Jedoch sollte man keine allzu hohen Erwartungen haben und sich auf eine unsympathische Protagonistin mit unerklärlichen Handlungen einstellen. Ob die gute Schreibweise und die wenigen guten Gedanken für eine Leseempfehlung reichen, ist jedem selbst überlassen.