Rezension

Hauptsache weg!

Der Tausch - Zwei Frauen. Zwei Tickets. Und nur ein Ausweg. - Julie Clark

Der Tausch - Zwei Frauen. Zwei Tickets. Und nur ein Ausweg.
von Julie Clark

Bewertet mit 3.5 Sternen

Ein Identitätentausch und seine Folgen - zeitweise spannend, nicht immer glaubwürdig, gute Unterhaltung mit etwas enttäuschendem Ende...

New York, Flughafen JFK: Heute wird Claire endlich ihrer gewalttätigen Ehe entfliehen. Minutiös hat sie alles vorbereitet. Doch ihr Plan fliegt in letzter Minute auf, und wenn Claire in das Flugzeug steigt, wird es ihr Ende sein. In diesem Moment wird sie von Eva angesprochen, die auf einen Flug nach Kalifornien gebucht und ebenfalls auf der Flucht ist. Im Bruchteil einer Sekunde beschließen die beiden, ihre Bordkarten zu tauschen. Doch als Claire in Kalifornien landet, stellt sie fest, dass Eva ihr nicht die Wahrheit gesagt hat. Der Tausch entpuppt sich nach und nach als Albtraum... (Klappentext)

Auf den ersten etwa 100 Seiten ist der Thriller richtig mitreißend. Es wird ein Einblick geboten in das Ehe-Martyrium von Claire, die sich den Wünschen ihres reichen und ambitionierten Mannes unterzuordnen hat und doch nur alles falsch machen kann. Solange es keine Zeugen gibt, ist Rory nämlich alles andere als der smarte Politiker, als der er in der Öffentlichkeit auftritt. Im Laufe der Jahre steigerten sich die Misshandlungen, und Claire ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. Ohne Rückhalt durch ihre bei einem Unfall umgekommene Familie stellt Claire fest, dass ihr Mann sie auch von ihren Freund:innen und ehemaligen Kolleg:innen entfremdet hat. Ihre Idee, sich von Rory zu trennen, zieht die Drohung der Einweisung in eine Psychiatrie nach sich - und Claire weiß, dass ihr Mann dazu die Macht hat.

Schließlich sieht Claire als einzige Möglichkeit die Flucht. Einfach in ein Flugzeug zu steigen und irgendwo hin zu fliegen kommt nicht in Frage - Rory würde sie überall aufspüren, und die Konsequenzen will sie sich gar nicht erst ausmalen. Sie braucht eine neue Identität, und so fädelt sie über Wochen heimlich ihre Flucht ein. Schließlich ist alles vorbereitet, ein Flug für einen Charityauftritt im Auftrag ihres Mannes steht an - dort im Hotel wartet der Umschlag mit ihren neuen Papieren auf sie, die Zukunft scheint zum Greifen nahe. Doch dann ändert Rory plötzlich den Plan. Er selbst wird fliegen, Claire schickt er stattdessen für eine andere Mission nach Costa Rica.

Claire weiß: ihr Leben ist vorbei. Unter Schock handelt sie wie ein Roboter, fährt wie befohlen zum Flughafen und checkt nach Costa Rica ein. Als sie plötzlich von einer Unbekannten angesprochen wird, die ebenso wie sie gute Gründe hat, aus ihrem bisherigen Leben zu verschwinden, kann Claire es kaum glauben. Spontan tauschen die beiden Frauen ihre Tickets, ihre Papiere, ihr Leben. Ein Weg ins Ungewisse...

Was für eine tolle Idee! Abwechselnd wird hier aus Sicht von Claire und Eva erzählt, wobei Claires Abschnitte in der Gegenwart angesiedelt sind, Evas dagegen in der Vergangenheit, wodurch der Leser / die Leserin Einblicke erhält in deren Geschichte und den Grund, weshalb sie ihr Leben hinter sich lassen musste. Auch Claire kommt allmählich hinter Evas Geheimnisse und stellt fest, dass nichts von dem stimmt, was diese ihr erzählt hat.

Trotz der Biografie, die Julie Clark den beiden Hauptcharakteren verleiht, bleiben die Figuren allerdings recht blass und wenig greifbar. Während der gesamten Erzählung kamen sie mir nie wirklich nahe, und v.a. Claire mit ihrer Naivität nervte mich manchmal geradezu. Die Nachbarin von Eva war mir da noch der liebste Charakter in der Handlung. Spannung gab es zeitweise durchaus, v.a. aber schürte der Thriller die Neugierde, in welche Richtung sich das Ganze denn bloß entwickeln würde. Auch wenn es für mich keine wirklichen Längen gab, fehle mir hier leider das Überraschungsmoment.

Tatsächlich hatte ich am Ende auf etwas anderes gehofft, die Umsetzung von Julie Clark konnte da bei mir leider nicht so recht zünden und wirkte auf mich unspektakulär. Und auch den Epilog hätte ich mir anders gewünscht, aber so what...

Alles in allem eine gute und phasenweise durchaus spannende Unterhaltung mit einem etwas enttäuschenden Ende. Für ein Debüt ganz passabel, aber irgendwie auch kein Must-Read.

 

© Parden