Rezension

Heiter, gefühlvoll und sehr abwechslungsreicher Roman

Herzkur - Julia Greve

Herzkur
von Julia Greve

Bewertet mit 5 Sternen

Im Rowohlt Verlag erscheint im März 2019 der Debütroman "Herzkur" von Julia Greve. Wenn fünfzig Frauen, hundertzehn Kinder und höchstens zwei Väter drei Wochen auf engstem Raum verbringen - dann kann das nur eine Mutter-Kind-Kur sein. Verena steht durch die persönliche Auszeit ihres Manns Rainer plötzlich alleinerziehend und todunglücklich mit ihren Töchtern Ella und Anni da. Ihre Mutter rät ihr zu einer Kur in einer Mutter-Kind-Klinik auf Fehmarn. Obwohl Verena reichlich Vorurteile hat, geht sie schliesslich auf den Vorschlag ihrer Mutter ein und findet sich inmitten von unerträglichen Müttern und Kindern wieder. Das kann ja heiter werden, denkt sie, bis sich ein Lichtblick zeigt, der sympathische Jan, der mit seiner Tochter Lilli ebenfalls zur Kur ist.

 

"Am Ende kackt die Ente." Zitat Moni Seite 62

In ihrem Debütroman macht Julia Greve alles richtig, sie schreibt absolut flüssig, baut heitere, emotionale und nachdenklich machende Szenen in die Handlung ein und zeigt überaus unterhaltsame Charaktere.

Die Hauptfigur Verena ist eine sympathische junge Frau mit zwei Töchtern, deren Mann sich gerade eine einjährige Auszeit von der Familie genommen hat, beruflich weit weg versteht sich.

Verena sitzt völlig enttäuscht sozusagen mit den Kindern allein da, weiß aber gar nicht, ob sie um die Familie kämpfen soll, denn was in einem Jahr ist, weiß sie ja auch nicht. Ihre Mutter rät ihr zu einer Kur mit den beiden Töchtern. Eher widerwillig reist Verena dann an die Ostsee und ist zunächst von den Mitkurenden nicht so begeistert. Doch das ändert sich nach und nach und sie nähert sich allmählich einigen Frauen und dem einzigen Mann in der Kur an. Auch ein Masseur ist ganz schnuckelig, aber liegt Verenas Glück hier auf Fehmarn? Oder ist ihre Familie doch ihr Leben?

Zu Beginn ihrer Kur beurteilt Verena die mitkurenden Mütter nach ihrer teilweise recht auffälligen Kleidung, ihren Gelnägeln, den Tätowierungen und nach dem nicht immer perfekten Umgang mit ihren Kindern. Es ist ein bunt gemischtes Häufchen an Frauen, die hier zusammenkommen. Jeder Mensch ist anders, hier gibt es neben den äußerlichen Besonderheiten auch besondere Dialekte, doch wichtig ist doch der Charakter, denn manche tragen aber auch unter ihrer harten Schale ein mitfühlendes Herz. Das merkt Verena auch mit der Zeit.

Anfangs muss sie sich noch überwinden und wirkt recht steif und zurückhaltend, soziale Kontakte sind nicht so ihr Ding, die Familie war bisher ihr ein und alles.

Es dauert etwas, bis sie bei Moni und Jenny die inneren Werte erkennt und dann bildet sich doch noch eine nette Truppe, die zusammen viel Spaß hat.

Was mir bei diesem Roman so gut gefällt, ist die lockere Lebendigheit der Figuren und die bildhafte Schilderung der Vorgänge. Man fühlt sich direkt mit in der Kur und meint, die Personen selbst zu kennen. Auch die Gefühle, Gedanken und die persönliche Entwicklung Verenas konnte mich überzeugen. Sie denkt viel über ihre Familie nach und ihre Schmetterlinge sind beim Lesen spürbar.

Ein normaler Kuralltag läuft sicherlich etwas trockener ab, als hier geschildert und nicht jede Frau ist sofort der Liebling der Physiotherapeuten, dennoch nimmt man der Autorin diese Geschichte genauso ab und genießt die heitere Unterhaltung bis zum Ende.
Ein Kuralltag mit Kindern, viele witzige Dialoge, die teilweise peinlichen Szenen und ein wenig Romantik blitzen immer wieder in der Handlung auf und sorgen für eine tolle Geschichte, die man gerne liest.

Ein witziger, herzerfrischend geschriebener Roman mit tollen Figuren und reichlich Gefühl. Bitte weiter so, Julia Greve!