Rezension

Herrlich unverkrampftes Lesevergnügen

Und das nach all den Jahren
von Susan Isaacs

Bewertet mit 5 Sternen

Von Susan Isaacs stammt "und das nach all den Jahren". Ein Kriminalroman von 1993, der einem deutlich den digitalen Wandel vor Augen führt. Der Mann unserer Protagonisten Rosie Meyers, Rick, führt ein erstklassiges, computergestütztes Rechercheunternehmen. Aber im gesamten Krimi kommt kein Handy und so gut wie kein Computer zum Einsatz. Polizisten unterhalten sich mit für die damalige Zeit üblichen Kommunikationsgeräten, und Rosie verabredet sich mit Codeworten mit ihren Freundinnen zum Telefonieren an öffentlichen Telefonzellen. Die Nachverfolgung von Hinweisen oder Überwachung von Freunden durch Rosie selbst beziehungsweise der Polizei ist also definitiv erschwert. Aber gerade das macht vermutlich den Charme dieses Krimis aus. Noch dazu habe ich den Roman aus einer Rumpelkiste herausgefischt, will heißen, es ist noch nach den alten Schreibregeln verfasst. Eine doch erhebliche Umstellung meiner Lesegewohnheiten waren die Folge.
Erzählt wird die Story aus der Sichtweise Rosies, die nach der Nacht ihrer Silberhochzeit sogleich von ihrem Emporkömmling verlassen wird. Was nutzt da ein Haus in bester Lage, wenn auch noch der Hund verstorben ist und man einem unvergleichlich tollen Liebhaber hinterherweint. Und dann passiert etwas, was man niemandem wünscht: Rosie wird durch irgendetwas geweckt, wankt im Dunkeln in die Küche und fällt fast über ihren ermordeten fast Ex. Das, und die Tatsache, dass sie aus Versehen die Tatwaffe angefasst hat, macht sie in den Augen der Polizei zur optimalen Tatverdächtigen. Ihre Freundinnen halten zunächst allesamt zu ihr, was sich im Laufe der Geschichte auf nur noch eine Person verringert. Ihre Söhne sind sowieso der Meinung, das nicht sein kann was nicht sein darf, hegen aber den einen oder anderen Zweifel. Es geht schließlich auch um sehr viel Geld.
Kurz und Bündig: Sie flüchtet nach der Trauerfeier und attackiert auf recht unterhaltsame Weise manche Freunde, Ex-Gespielinnen ihres Mannes und einen Schulfreund eines ihrer Söhne. Sie will herausfinden, warum Rick sterben musste und sie dafür den Sündenbock spielen soll. Dabei bekommt sie Unterstützung von ungeahnter Seite genauso wie Ablehnung von Menschen, von denen sie es nie vermutet hat. Sie agiert mit Spielzeugpistolen, nimmt all ihren Mut zusammen, lässt sich von ihrer Angst vor dem Gefängnis antreiben und erfährt so manches über ihren Mann, Nachbarn und angeblichen Vertrauten.
Herrlich komisch und unterhaltsam geschrieben, weit ab männlich geprägter harter Krimis, wobei das bisschen Blut, das nun mal fließen muss, sich wirklich in kleinste Grenzen hält. Hartnäckige Kriminale, unerschrockene Anwälte und eine echte Freundin helfen Rosie, alles aufzuklären. Dabei wird wunderbar unverkrampft über die farbige Freundin, die jüdische Rosie, die wunderschöne weiße Nachbarin und andere heute doch sehr viel zurückhaltende Formulierungen genutzt, um die Protagonisten zu beschreiben.

 

Mehr über die Autorin, ihre Bücher und Verfilmungen unter https://en.wikipedia.org/wiki/Susan_Isaacs und anderen deutschsprachigen Blogseiten