Rezension

Herzerwärmend und unterhaltsam!

Das Rosie-Projekt
von Graeme Simsion

Die Story: Genetik-Professor Don Tillman braucht eine Ehefrau, die beste Lösung für dieses Problem: ein Ehefrau-Projekt. Leider kommen ihm in dieser wichtigen Phase die völlig chaotische Rosie und ihre Suche nach ihrem leiblichen Vater in die Quere. Und plötzlich erscheint das Ehefrau-Projekt nicht mehr ganz so verlockend, wie Don zunächst angenommen hatte.

Auf den Punkt gebracht: Berührende Unterhaltung!

In mehr Worten:

"Ich denke, ich habe eine Lösung für das Ehefrauproblem gefunden."

Die ersten hundert Seiten sind Don Tillmann pur. Der Gute erinnert in seiner Art stark an Sheldon Cooper aus der Erfolgsserie The Big Bang Theory mit mehr Tiefgang. Wenn man Sheldon mag (was ich tue), macht man mit diesem Buch alles richtig. Ich komme zumindest aus dem Lachen nicht mehr raus und die Seiten fliegen dahin.
Don ist Professor für Genetik, 39, und tut sich mehr als schwer mit dem anderen Geschlecht. Don ist sozial eher inkompetent und nimmt im zwischenmenschlichen Zusammenspiel oft und gerne das ein ums andere Fettnäpfchen mit. Das führt auch dazu, dass er nur wenige Freunde hat. Dazu zählt sein Arbeitskollege Gene, sowie dessen Ehefrau Claudia und die an Alzheimer erkrankte Daphne.
Da Don nicht auf ewig Junggeselle bleiben möchte, zugleich aber weiß, dass es für einen Menschen wie ihn besonderer Maßnahmen bedarf eine Frau zu finden, entwickelt er einen Fragebogen und das Ehefrau-Projekt.
Allein schon diese Idee ist meiner Meinung nach Gold wert, da sie viel Unterhaltungswert entwickelt, ohne dass es geschmacklos wird. Graeme Simsion verleiht Don dazu so viel Leben, Tragik und Komik, dass ich während des Lesens nicht aus dem Lachen herauskomme, oder das ein ums andere Mal traurig werde, wenn Don wie nebensächlich davon berichtet, wie einsam er ist oder wie hart er mit dem Spott seiner Mitmenschen zu kämpfen hat. Seit Jahren versucht Don für sich einen Platz in der Welt zu finden und hat ihn in seiner Forschungsabteilung und seiner Professur gefunden. Dennoch eckt er auch dort manchmal an und fühlt sich außerhalb und manchmal gar innerhalb der Uni wie ein Außenseiter.

Wenn ich nicht in die Naturwissenschaftsabteilung einer Universität passte, so überlegte ich, würde ich nirgendwo hinpassen. (S. 111)

Trost spendet ihm seine Freundschaft zu seinem sexversessenen Kollegen Gene, der mir meist unsympathisch war, wenn es um Don geht aber ein überraschendes Feingefühl an den Tag legt.
Don ist ein hartnäckiger und loyaler Zeitgenosse, der für die Menschen, die er liebt, Berge versetzt und dieser Wert scheint wohl selbst Gene klar zu sein.

Diese Eigenschaften kommen ins Spiel, wenn Don auf die Kellnerin Rosie trifft. Für das Ehefrau-Projekt ist die trinkende, Starkraucherin mit Hang zum Chaos natürlich komplett ungeeignet, auch wenn Don sie von Anfang an ziemlich attraktiv findet, dennoch willigt er ein, ihr bei der Suche nach ihrem leiblichen Vater zu helfen.
Und was Don während dieses Projekts alles auf sich nimmt, um Rosie zu helfen, ist einfach nur extrem gute Unterhaltung. Vom Einhacken in Restaurantsysteme, um eine Buchung durchzuführen, über die missglückte DNA-Abnahme an einem Säugling (ich habe dabei geweint vor lachen!) bis hin zum Missbrauch von Universitätsausstattung ist wirklich alles dabei.
Glaubt aber nicht, dass Don einem durch seine Taten auch nur einmal merkwürdig oder unsympathisch vorkommt, ganz im Gegenteil, denn was er für Rosie auf die Beine stellt und auf sich nimmt, ist einfach nur putzig zu lesen.

Rosie ist dabei die Art von Frau, die mir direkt sympathisch war. Leicht chaotisch, voller Emotion und Leben und einfach cool. Allein ist sie also schon ein gelungener Charakter, kommt es dann aber erst zum Zusammenspiel mit Don, werden die Szenen zu richtigen Highlights.
Als Leser genießt man die Szenen zwischen den beiden, während Don – passend zu seinem Charakter - erst einmal irritiert ist und auf dem Schlauch steht, kann er nicht verstehen, warum er alles stehen und liegen lässt, geht es erst um Rosie. Wie er selbst so schön sagt:

Menschen versagen oft darin zu sehen, was sie unmittelbar selbst betrifft, während es für andere offensichtlich ist. (S. 107)

Und genau so geht es ihm. Das bedeutet für den Leser jedoch, dass er mit Don und Rosie mitfiebern kann, was ich allemal getan habe.

Graeme Simsion ist mit diesem Buch eine Gradwanderung zwischen Ernsthaftigkeit und Komik, Leichtigkeit und Tiefe gelungen, die mich richtig beindruckt. Don hätte ein richtig anstrengender und ätzender Charakter werden können, wäre er schlechter charakterisiert gewesen, doch so ist er auf liebenswerte Art schrullig und ein Außenseiter, der genau dadurch mein Herz erreichte.

Fazit:
Das Rosie-Projekt ist ein herzerwärmendes, intelligentes Buch über einen Außenseiter, der genau wegen seiner Marotten das Leserherz erobert. Ich habe gelacht, ein oder zwei Tränen vergossen und mich stets gut unterhalten gefühlt. Unbedingt lesen!