Rezension

Heuschrecken im Paradies

Sommer der Träumer
von Polly Samson

Bewertet mit 2 Sternen

Erica ist 17, als ihre Mutter stirbt. Sie lebt mit ihrem dominanten Vater in einer riesigen Wohnung in London, um die sie sich fortan nach dem Willen des Vaters kümmern soll. Als ein an ihre Mutter adressiertes Buch aus Griechenland ankommt, ist Erica fasziniert, denn Autorin des Buchs ist Charmian, eine frühere Nachbarin, die vor ein paar Jahren auf die griechische Insel Hydra ausgewandert ist und dort in einer Künstlerkolonie lebt. Da Erica von ihrer Mutter eine größere Geldsumme geerbt hat, ist für sie klar: sobald sie 18 ist, wird sie mit ihrem älteren Bruder Bobby und ihrem Freund Jimmy nach Hydra fahren.

Auf Hydra erwartet sie ein bunt zusammengemischter Haufen von mehr oder weniger talentierten Autoren und Malern aus aller Herren Länder. Die Zusammensetzung ändert sich ständig, fast täglich kommen neue Leute an oder reisen ab, und die Vielzahl der Namen ist sehr verwirrend, zumal einige Personen einmal und dann nie wieder erwähnt werden. Nur George und Charmian, die als „Inselkönigin“ bezeichnet wird, leben seit Jahren auf Hydra und sind, abgesehen von der Inselkneipe, der Umschlagplatz für Klatsch und Tratsch, wovon es jede Menge gibt. Angeblich wird Charmian selbst von den Einheimischen als Inselkönigin angesehen, was ich doch stark bezweifle. So, wie die Expats sich auf Hydra benehmen (Alkohol- und Drogenexzesse, halbnackt und tabulos), sehen die Einheimischen sie wahrscheinlich eher wie einen Heuschreckenschwarm: lästig, aber irgendwann verschwindet er wieder.

Sonderlich aufregend ist der Alltag der Künstler nicht und entsprechend wenig fesselnd ist das Buch. Ich hatte mich für die Geschichte interessiert, weil ich früher selbst gerne mit dem Rucksack in Griechenland unterwegs und gespannt war, ob das Buch die Erinnerungen von damals zum Leben erweckt. Die Atmosphäre eines griechischen Sommers wird gut beschrieben, doch leider sind mir die Protagonisten allesamt nicht sonderlich sympathisch. Am ehesten noch Erica, doch was mir überhaupt nicht gefällt, ist, wie sie ihre eigenen Interessen vollkommen hintenan stellt, damit Bobby und Jimmy sich künstlerisch verwirklichen können. Was mich sehr gewundert hat, ist, dass der Alltag auf der Insel bis ins letzte ermüdende Detail beschrieben wird, das einschneidendste Ereignis in Ericas Leben während dieser Zeit aber so lapidar abgehandelt wird, dass ich mir nicht sicher war, ob ich es überhaupt richtig verstanden hatte.

Am Ende des Buchs erfahren wir, was aus den Träumern jenes Sommers in ihrem späteren Leben geworden ist. Es scheint, als ob für einige die Zeit auf Hydra die einzig gute Zeit im Leben gewesen ist.

Ich habe mich, ehrlich gesagt, ziemlich durch das Buch gequält und musste es zwischenzeitlich weglegen, weil es mich so gelangweilt hat. Leider ganz und gar nicht das, was ich mir aufgrund der Leseprobe und des Klappentexts versprochen hatte.