Rezension

HI und da etwas seicht geraten, aber thematisch super wichtig!

Was uns erinnern lässt - Kati Naumann

Was uns erinnern lässt
von Kati Naumann

Bewertet mit 3.5 Sternen

Schade das die Autorin kein ausführlicheres Nachwort beigefügt hat, es hätte mich interessiert, wie sie zum Thema Enteignung und Umsiedlung in der DDR recherchiert hat und welche Sach- und Fachbücher sie empfehlen würde.

Wenn man bedenkt das der Mauerfall grade mal 30 Jahre her ist, verwundert es nicht, das erst jetzt so langsam auch der Unterhaltungsroman Themen der DDR aufarbeitet, die bisher - zumindest mir - in Romanform so noch nicht untergekommen sind.

Viele der Betroffenen Leben noch, gleichzeitig bleibt das ganze immer seltsam in der Schwebe, es ist kein Thema mehr. Wird einfach verschwiegen, als ob es diese Vergangenheit nicht gegeben hätte. Es ist nicht so, das eine Aufarbeitung nicht stattfindet, aber in der breiten Masse ist das Thema einfach immer noch ein Problem.

 

Deshalb finde ich es auch so gut, das Kati Naumann einen Roman und eine ganze Familiengeschichte darum herum aufgebaut hat. Die große Stärke des Romans ist dabei meiner Meinung nach vor allem, das es ihr gelingt, heraus zu arbeiten, was es für Menschen die von dieser Art von Enteignung betroffen waren, bedeutet hat. Hier wurde eine ganze Familie nicht nur auseinander gerissen, sondern auch aus ihrem Zuhause vertrieben. Manchmal fehlte mir aber trotzdem etwas mehr Tiefe, da schwang schon eine große Portion Nostalgie mit, das war nicht immer so ganz mein Fall. Auch wenn es verständlich war, warum das zur Handlung trotzdem ganz gut passte.

Gelungen waren auch die zwei Zeitebenen. Vor allem weil Milla so herrlich unaufgeregt und wenig dramatisch in die Geschichte eingebunden war. Oft werden ja irgendwelche Hochdramatischen und unrealistischen Erzählstränge heraufbeschworen. So etwas spart sich Naumann lieber und konzentriert sich viel mehr auf die Famile Dressel und ihre Geschichte. Das hat mir richtig gut daran gefallen. Zudem war auch etwas Spannung dabei, weil Milla zudem in den Akten herausfinden möchte, wer die Familie damals vermutlich hintergangen hat. Die Person die es am Ende ist, hat mich etwas überrascht, war aber durchaus realistisch. Ich fand nur die Reaktion darauf insgesamt nicht so glaubwürdig.

Gelesen habe ich Was uns erinnern lässt quasi in einem Rutsch. Der Roman war wirklich gut zu lesen und ich konnte sehr schön eintauchen. Ich kenne die beschrieben Gegend zwar überhaupt nicht, aber ich hatte den Wald und ein passendes Haus, überhaupt die ganze Umgebung trotzdem vor Augen. Ein bisschen gepaart mit meinen Erinnerungen an verschiedene Dokus in denen auch die Grenze thematisiert wurde.

Mir hat hi und da wie gesagt etwas mehr Tiefe gefehlt und der Fokus war schon sehr stark auf die Familiengeschichte gelegt. Da blieb der eigentliche historische Hintergrund manchmal nicht so richtig greifbar. Ich hoffe das sich in nächster Zeit mehr Autor*innen mit der DDR kritisch auseinander setzen, nach dem es ja immer wieder Ostalgiewellen gab und sich gerne eine "Es war nicht alles schlecht"- Mentalität breit macht, die meiner Meinung nach zu verklärend auf die Tatsache schaut, in wie weit der Staat Einfluss auf die gesamte Lebensrealität der Menschen genommen hat. Kati Naumanns Roman ist trotz meiner Kritik ein Beitrag dafür, genau dies Sichtbar zu machen.