Rezension

Hier habt ihr einen Debütroman, der ein bisschen von allem enthält: Romantik, Liebe, Spannung, Abenteuer, Krimi und Humor. Die Mischung macht den Roman hier aus und das macht ihn so lesenswert.

Aller Anfang ist Apulien - Kirsten Wulf

Aller Anfang ist Apulien
von Kirsten Wulf

Das hatte man irgendwie so gar nicht erwartet. Eigentlich dachte ich, mich würde ein laues Lüftchen umwehen, wenn ich das Buch lese, aber weit gefehlt, Stellenweise ging hier mehr als nur eine kleine Brise ab.
Mich hat das Buch schon bei der Leseprobe gefesselt. Im Grunde ist es nichts schlimmes, nichts dramatisches was euch hier erwartet. Klar, man darf nicht vergessen, das hier auch wirklich sehr ernste Themen angesprochen werden, aber Kirsten Wulf hat es perfekt geschafft sie einzubauen und dennoch einen unterhaltsamen Roman zu kreieren.
Eine Ehe, die eingeschlafen ist und sich auch nicht wiederbeleben lassen kann, wieder ein Kind zwischen den Stühlen, Liebe zwischen einem ungleichen Paar, Sklavenhandel der schlimmsten Art, eine eingeschworene Gemeinschaft der Bewohner, wie man sie nur in Italien findet. Ja das alles finden wir hier in einem kleinen Kaff in Apulien. Es wundert mich doch, wie viele Informationen in so einen kleinen Buch passen, ohne gerafft oder zu dahingeschrieben zu werden. Es funktioniert, kann ich nur sagen.
Alles fing mit einer Postkarte an. Auch wenn hier der Protagonist weniger Zeit bekommt als seine "Mitkogurentin" Elena, ist hier ein richtig unterhaltsamer Roman entstanden. Michele möchte die Vergangenheit seiner Mutter seiner Familie finden und deckt mehr auf als ihm lieb ist. Dabei unterstützt ihn Elena, die das Abenteuer förmlich sucht, nachdem ihr Mann sie betrogen hat und die Ehe nicht mehr zu retten ist. Als ehemalige Reporterin, die viel um die Welt gereist ist und einen brisanten Auftrag nach dem anderen hatte, findet sie genügend Nahrung in diesem Kaff. Und dabei bleibt es nicht immer so idyllisch, wie man gern glauben mag, wenn man das Buch in den Händen hält.
Kirsten Wulf schreibt mit einem fesselnden Stil und lässt dich so das Buch nicht mehr aus den Händen legen. Manchmal schnell und an den richtigen Stellen mit weniger Tempo führt sie dich durch eine rasante Geschichte. Sie hält sich hier nicht an unnötigen Beschreibungen auf, die das Bild sicher nur zerstören würden. Dennoch entsteht ein tolles Bild der Stadt vor deinen Augen. man kann sich die alten Palazzo vorstellen, die einmal prunkvoll die Straßen säumten, die Menschen, die der Kirche ihren Glauben schenken, der zusammenhalt einer Gemeinschaft, die auch gern über Dinge hinwegschaut, Prostitotion und Menschenhandel, der all die Jahre nicht aufgedeckt worden war und nun nicht mehr geheim gehalten werden kann. Man merkt, wie sehr die dort lebenden Menschen die Augen verschließen, wie sehr alte Familien ihren Status nicht aufgeben, den sie all die Jahre mühsam aufgebaut haben.
Alle Figuren könnten aus dem Leben sein, du könntest jeden Tag neben einen von ihnen laufen, ohne es zu merken. Frisch und unverbraucht, liebenswert wie auch komplett unsympatisch. Der Onkel Gigi mit seiner Diva von Freund, die ehemalige Prostituierte Cosima mit ihren Hund, der kleine Ben, der einen immer ein kleines Lächeln auf den Gesicht zaubert, der entnervte Polizist, der falsche Geistliche und natürlich die Mafia. Alle Personen fand ich so realistisch, das ich daneben hätte sitzen können, wenn das Wetter da nicht so furchtbar schlecht gewesen wäre ;-)
Mich hat das Buch überzeugt. Man darf sich allerdings nicht von der Idylle des Covers beeinflussen lassen. Wer hier eine kleine romantische Geschichte erwartet, wird schlichtweg dies hier nicht bekommen. Nichts mit blauen Himmel, Sonne und wilden Lavendelduft. Es regnet dort im Winter und Weihnachten ist auch noch. Aber vielleicht macht gerade diese Coverwahl das Buch aus. Wer weiss das schon.