Rezension

Hier ist einer richtig böse!

Die Kakerlake - Ian McEwan

Die Kakerlake
von Ian McEwan

Bewertet mit 3 Sternen

Als Jim Sams eines Morgens erwachte, findet er sich in einem ungewohnten Körper wieder. Gestern noch war er eine Kakerlake, heute ist er der englische  Premierminister. Noch nicht vertraut mit der menschlichen Bewegungsart und Artikulation betritt er forsch das politische Parkett. Gleichwohl, es fällt niemandem auf. Die Kakerlaken in Menschengestalt übernehmen skrupellos die Macht und etablieren den „Reversalismus“, die Umkehrung des Geldflusses.

Hier ist wohl einer richtig böse: Der britische Autor Ian Mc Ewan rechnet ab mit der Politik Großbritanniens, dazu muss er nicht ein einziges Mal das Wort „Brexit“ schreiben.
Wer bei den ersten Zeilen dieser Novelle an Franz Kafka denken muss, liegt genau richtig. Der kafkaeske Bezug ist erwünscht und soll wohl die literarische Verknüpfung zu der geballten Unmutsäußerung des Verfassers sein. Der satirische Ansatz dieser bitterbösen Parabel verliert sich aber sehr rasch. Die Mensch gewordene Kakerlake benimmt sich nicht wesentlich anders als die menschlichen Vorbilder. Das politische Handeln ändert sich nicht, wirkt wie all das was wir sowieso alltäglich miterleben, ob sechsbeiniges Ungeziefer oder alte weiße Männer in Machtpositionen, da trifft der englische Titel Cockroach ins Schwarze. Genaugenommen aber finde ich den Vergleich unliebsamer politisch Andersdenkender mit Ungeziefer historisch betrachtet nicht amüsant.

So bleibt die Kakerlake für mich ein zynischer politischer Essay. Literarisch konnte Ian McEwan mich schon besser überzeugen.