Rezension

Hier muss man sich Zeit lassen

Spiele - Ulrike Draesner

Spiele
von Ulrike Draesner

Bewertet mit 4 Sternen

Ich gebe jedem Buch ca. 100 Seiten, um mich auf seine Seite zu ziehen...hier hätte ich nach 50 Seiten fast aufgehört;

und jetzt, nachdem ich nach fast 500 Seiten am Ende angelangt bin, bin ich sehr froh, daß ich durchgehalten habe.

An die Sprache und den Stil von Ulrike Draesner musste ich mich erstmal gewöhnen, und ich glaube, daß es den meisten auch so gehen wird: Gedankensprünge, Sätze, die über eine halbe Seite reichen, Charaktere, die sehr eigen und teilweise sehr skurril daherkommen. Einmal daran gewöhnt, liest sich das Buch sehr angenehm und man erfährt zum einen sehr viel über die Geiselnahme bei den Olympischen Spielen 1972 (ich wusste bis dahin nicht soviel darüber), und zum anderen lernt man Katja kennen, die mir im Grunde bis zum Schluss nicht vollständig sympathisch wurde. Aber das muss sie auch nicht; sie ist gefangen in ihren Zwängen und in ihrer eigenen Geschichte. Man lernt sie als Teenager 1972 kennen, und rund 20 Jahre später endet die gemeinsame Reise, als sie eine Recherche zur Geiselnahme beginnt und beendet, und sich damit auch aus ihren Zwängen befreit. Dabei begegnet man ihrem ganzen Umfeld, vor allem Max, ihrer großen Liebe. 

Ich habe mich spätestens ab Seite 60 sehr gut informiert und sehr gut unterhalten gefühlt und habe manch skurrile Gestalt liebgewonnen und ich weiß auch jetzt, warum manche Frauen immer ihren BH anbehalten. Einen Punkt Abzug gibts für die detailreiche Schilderung einer Sexszene, die mir dann doch zuviel war; das wäre auch ohne gegangen...aber keiner soll jetzt auf den Gedanken kommen, hier liegt ein Porno vor!

Ulrike Draesner ist eine sehr gute Erzählerin...jeder Leser sollte sich die Zeit nehmen, ins Buch reinzukommen!

Zum Schluss ein Zitat aus `Spiele´, das mir sehr entspricht:

"Zufall, der tief greifende Folgen für unser Leben hat, wird Schicksal genannt."